Holzdiebstahl in Griechenland:Im Wald, da sind die Räuber

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Weil sich viele Griechen das Heizöl nicht mehr leisten können, suchen sie nach anderen Quellen - und schlagen in den Wäldern illegal Holz. Bauern bewachen deshalb schon ihre Olivenbäume, Umweltschützer schlagen Alarm: Die griechische Krise wird sogar zur Gefahr für die ohnehin bedrohten Wälder des Landes.

Von Christiane Schlötzer

Auf der griechischen Insel Euböa gehen die Bauern nun nachts auf die Felder, um ihre Olivenbäume zu bewachen. Denn es sind Holzräuber unterwegs. Durch die Schluchten des Pilion-Gebirges kurven die Pick-ups, denn dort ist die Ausbeute an Feuerholz besonders üppig.

Umweltschützer schlagen Alarm. Die griechische Krise wird zur Gefahr für die ohnehin bedrohten Wälder des Landes. Die Naturschutzorganisation WWF spricht von einem "dramatischen Anstieg" des illegalen Holzeinschlags "quer durch das Land". Auch in Wäldern nahe der Hauptstadt Athen ist das so. Dass die Strafen für das illegale Abholzen ausgerechnet in diesem Jahr gesenkt wurden, sei auch "nicht gerade hilfreich", kommentierte die Zeitung Kathimerini.

Viele Griechen treibt die Not in die Wälder. Die Heizölpreise sind nach drastischen Steuererhöhungen um 40 Prozent gestiegen. In einigen Provinzen ist im Oktober die Nachfrage nach Öl im Vergleich zum Vorjahr um 90 Prozent zurückgegangen. Im November war das Geschäft nicht besser. Etwa jeder dritte Heizölhändler ist pleite. Mit der Steuererhöhung, die zu einer weitgehenden Angleichung der Preise für Heizöl und Diesel führt, versucht die Regierung, auch den in Griechenland verbreiteten Ölschmuggel zu bekämpfen.

Privatleute suchen nun nach billigeren Alternativen, rasch steigt die Nachfrage nach günstigeren Gasheizungen - und nach Holzöfen. Auch in besseren Gegenden Athens haben viele Hausgemeinschaften für diesen Winter erst gar kein Öl gebunkert. Das heißt, dass die Zentralheizung kalt bleibt. Nachts wird es nun aber auch in Athen bereits empfindlich kühl, und feucht ist es obendrein. Es gibt Viertel in der Hauptstadt, da riecht es abends schon so "wie in Leipzig 1989", sagt ein griechischer Journalist, der sich an seine Zeit als Reporter nach dem Mauerfall erinnert.

Finanzministerium verspricht den Armen Heizölzuschüsse

Das griechische Olympische Komitee meldete jüngst, man müsse den Athener Pool in Sichtweite des Zeus-Tempels schließen, wo die Schwimmer für Meisterschaften trainieren, weil das Geld zum Heizen fehle. Das gelte auch für andere Sportstätten, die spätestens im Januar keine Mittel mehr hätten, warnt das Komitee. Die Schwimmer in Nea Orestiada, nahe der türkischen Grenze, haben jüngst an den Präsidenten der Republik geschrieben. Bekommen sie keine Hilfe, sehen die jungen Athleten nur eine Chance: in der Türkei zu trainieren. Aus der grenznahen Stadt Edirne liegt schon eine Einladung vor.

Dramatisch sei die Lage in Schulen im Norden Griechenlands, wo die Temperaturen schon den Gefrierpunkt erreichen, warnte die Zeitung Kathimerini. "Die Steuer auf Heizöl muss zumindest für die Schulen abgeschafft werden", zitierte die Zeitung den Bürgermeister von Nestorio in der mazedonischen Provinz Kastoria. Die Lehrervereinigung DOE beklagt, dass der Staat wegen der Krise die Zuschüsse für die Schulen in diesem Jahr gekürzt habe, und zudem mit den Zahlungen im Verzug sei. Viele Schulen hätten ihre Gasrechnungen aus dem vergangenen Jahr noch nicht einmal bezahlt.

Der WWF wirft der Regierung vor, die Krise auch dafür zu nutzen, die Gesetze zum Schutz der Natur zu lockern. So sei die notorisch schlecht ausgestattete Feuerwehr ebenfalls von Budgetkürzungen um bis zu 45 Prozent betroffen. Waldbrände vernichten in Griechenland fast jedes Jahr große Flächen. Mit Geld, das für die Wiederaufforstung vorgesehen war, stopfe die Regierung inzwischen Haushaltslöcher, kritisiert die Umweltorganisation. Das Finanzministerium hat den Bedürftigsten Heizölzuschüsse versprochen. Aber dafür müsste das Land vermutlich auch erst einmal die nächsten internationalen Hilfsgelder erhalten.

© SZ vom 11.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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