Hochtief-Übernahme:Der Trick mit der teuren Tochter

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Der Baukonzern Hochtief kämpft um die Unabhängigkeit. Die Idee: Die Spanier sollen auch für eine Firma in Australien zahlen. Welche Wirkung diese Taktik auf die Pläne von ACS hat.

Stefan Weber

Im Kampf um den Erhalt seiner Unabhängigkeit hat der Hochtief-Konzern einen ersten Giftpfeil in Richtung des spanischen Angreifers ACS abgeschossen. Rechtsexperten sind allerdings uneinig darüber, ob er sein Ziel erreicht.

Mit allen Mitteln: Deutschland größter Baukonzern kämpft auch mit Tricks für seine Unabhängigkeit. (Foto: Reuters)

Hochtief will von der australischen Wertpapieraufsicht prüfen lassen, inwieweit der Großaktionär ACS, der eine Mehrheitsbeteiligung an dem Essener Unternehmen anstrebt, verpflichtet ist, auch ein Übernahmeangebot für dessen australische Tochter Leighton abzugeben. Einen entsprechenden Antrag hat Hochtief gestellt. Gibt die Behörde dem Ansinnen statt, würde sich die Übernahme von Hochtief für ACS erheblich verteuern. Insider sind sich sicher: "Dann ist der Plan gescheitert."

Hochtief ist an Leighton mit 54,5 Prozent beteiligt. Die australische Tochter ist der wichtigste Ertragsbringer im Konzern. Im vergangenen Jahr stammten etwa 80 Prozent des Gewinns von Leighton. Das Unternehmen wird an der Börse mit etwa sieben Milliarden Euro bewertet.

Zwar ist nach australischem Recht ein Übernahmeangebot an alle Aktionäre vorgeschrieben, wenn eine Gesellschaft mehr als 20 Prozent der Anteile erwirbt. Aber davon ausgenommen sind Fälle, in denen ein Unternehmen nur indirekt, als Anhängsel eines anderen Konzerns, übernommen wird.

Rechtsexperten sind unterschiedlicher Meinung, ob diese Situation im vorliegenden Fall gegeben ist. "Wir haben das prüfen lassen. Es gibt keine Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebots für Leighton", sagte eine ACS-Sprecherin. Andere Juristen wie Bryn Davis von der Kanzlei Minter Ellison in Sydney glauben, dass sich die Börsenaufsicht sehr genau mit dem Fall befassen wird, da Leighton für den Großteil der Vermögenswerte von Hochtief steht und der Verdacht erhoben werden könne, ACS wolle über Hochtief an Leighton heran.

Ein kleiner Aufschub für Hochtief

Der Antrag an die australische Wertpapieraufsicht, könnte den von ACS eng getakteten Zeitplan zur Aufstockung der Beteiligung an Hochtief auf zunächst mehr als 30 Prozent verzögern.

Der spanische Konzern, der aktuell einen Anteil von 29,98 Prozent besitzt, will sein Übernahmeangebot in der nächsten Woche bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) einreichen. Daraufhin hat die Behörde etwa zwei Wochen Zeit, die Unterlagen zu prüfen, so dass die Hochtief-Aktionäre möglicherweise ab Anfang November entscheiden können, ob sie die Offerte annehmen. Dafür gilt eine Frist von vier Wochen.

Ein Übernahmeangebot auch an die Aktionäre von Leighton wäre nach Einschätzung von Finanzkreisen für ACS nicht zu stemmen. Zur Jahresmitte wies das spanische Unternehmen eine Nettofinanzverschuldung von zehn Milliarden Euro auf. Gemessen an der Ertragskraft sei dies ein in der Branche übliches Niveau, betonen ACS-Vertreter.

Andere Unternehmen, darunter auch der deutsche Baukonzern Bilfinger Berger, wiesen ein deutlich ungünstigeres Verhältnis von Schulden zu Ergebnis auf. Branchenkreise weisen jedoch darauf hin, dass die hohe Schuldenquote vieler Bauunternehmen vor allem mit deren langfristig durchgeführten Infrastrukturprojekten zusammenhängt. Diese seien häufig besonders risikoarm.

Nach Informationen spanischer Medien hatte ACS die Börsenaufsicht in Madrid im Mai über die mögliche Platzierung einer langfristigen Anleihe im Volumen von bis zu 1,5 Milliarden Euro im vierten Quartal 2010 informiert.

Verschiedene Banken hätten einen niedrigeren Verschuldungsgrad angemahnt, deshalb habe ACS mit der Anleihe kurzfristige Verbindlichkeiten verringern wollen. Nachdem mehrere Kreditinstitute die Papiere nicht platzieren wollten, habe der Baukonzern das Angebot komplett zurückgezogen.

ACS widerspricht dem von Hochtief geäußerten Verdacht, mit der Übernahme der Mehrheit den Zugriff auf die hohe Liquidität von Hochtief anzustreben. Dies sei ohne einen Beherrschungsvertrag nicht möglich. Und der sei nicht beabsichtigt, wird betont.

Aktienrechtler halten dagegen, dass schon mit dem Erwerb einer Hauptversammlungsmehrheit - dazu reicht bei Hochtief ein Aktienpaket von nur gut 30 Prozent aus - Sonderausschüttungen möglich sind. "Mit der Mehrheit in der Hauptversammlung lässt sich der Aufsichtsrat nach eigenem Gusto besetzen, der dann wiederum einen ihm genehmen Vorstand einsetzt", sagt der Darmstädter Aktienrechtler Uwe Schneider. Der Vorstand könne dann Sonderausschüttungen beschließen.

© SZ vom 07.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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