Hochtief: Katar steigt ein:Im Dienst des Emirs

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Scheich Hamad bin Jassim bin Jabr al-Thani, Premierminister Katars und bald Großaktionär von Hochtief, ist einer der mächtigsten Männer am Golf - auch, weil er bei einem Putsch auf der richtigen Seite stand.

Janek Schmidt

Die Zeit war knapp geworden für das Bauunternehmen Hochtief. Seit Wochen versuchte der spanische Konkurrent ACS, die Kontrolle über den Essener Konzern zu erlangen, und zuletzt sah es nicht gut aus für die Verteidigungsposition von Hochtief. Doch am Montag kam die Wende, als das Unternehmen überraschend einen möglichen Retter vorstellte: das Investmentunternehmen Katar Holding, angeführt von Scheich Hamad bin Jassim bin Jabr al-Thani, einem der mächtigsten Männer am Golf.

Scheich Hamad bin Jassim bin Jabr al-Thani, Premierminister von Katar und Präsident von Qatar Holding (rechts), bei einem Besuch in Stuttgart im Jahr 2009. (Foto: dpa)

Für knapp 400 Millionen Euro will die Katar Holding im Wege einer Kapitalerhöhung Anteile an Hochtief erwerben, um dann 9,1 Prozent am neuen Grundkapital des Essener Bauunternehmens zu halten. Die Pläne von ACS für eine Beherrschung von Hochtief sind dadurch zwar nicht aus der Welt geräumt, aber sie lassen sich nicht mehr so einfach realisieren. Denn mit der Investition aus Katar und der Kapitalerhöhung sinkt die Beteiligung der Spanier an Hochtief von bislang 29,98 Prozent auf 27 Prozent, der Weg zu einer Mehrheit wird damit viel teurer. Stattdessen gewinnt nun die Katar Holding als neuer Großaktionär Einfluss bei Hochtief - und damit auch dessen Präsident Scheich Hamad.

Die bisherige Macht des Scheichs basiert zum einen auf dem rasanten Aufstieg des Emirats Katar und zum anderen auf der geschickten Strategie, die er dabei nutzte, um dort bis ins Amt des Premierministers zu gelangen. Weltweit gibt es kein Land, das eine solch rasante wirtschaftliche Entwicklung hinter sich hat wie Katar. So stellte der Economist unlängst fest, dass 1952, im Geburtsjahr des katarischen Emirs, nur 400.000 Menschen in dem Staat lebten, die meist barfuß liefen und keine einzige Schule in ihrem Land hatten.

Nach der Entdeckung der weltweit drittgrößten Gasreserven und der technologischen Fortentwicklung von Flüssiggastankern, die das Erdgas ohne Pipelines in entfernte Exportmärkte transportieren konnten, wuchs Katars Wirtschaft schneller als jede andere. Im Jahr 2008 meldete der Internationale Währungsfonds (IWF) schließlich, dass die 950.000 Kataris die Einwohner Luxemburgs überholt und mit einem Durchschnittseinkommen von mehr als 80.000 Dollar das höchste Pro-Kopf-Einkommen der Welt erreicht hatten.

Parallel zu diesem Aufstieg rückte auch Scheich Hamad in der Machtstruktur des Wüstenstaates nach oben. Bereits im Alter von 29 Jahren wurde der Spross aus der Herrscherfamilie al-Thani Minister für städtische Angelegenheiten und Landwirtschaft. Nur drei Jahre später ernannte ihn der damalige Emir, Scheich Khalifa bin Hamad al-Thani, zum Außenminister. Diesen Posten konnte der junge Aufsteiger trotz politischer Umstürze im Emirat behalten, da er den Sohn des Emirs 1995 bei einem erfolgreichen unblutigen Putsch gegen seinen Vater unterstützte.

Der neue Emir, Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani, belohnte diese Treue im Machtkampf gegen seinen Vater. Im Jahr 2003 ernannte er Scheich Hamad zum Premier, erlaubte ihm aber zugleich, seinen Posten als Außenminister zu behalten. Damit hatte sich Scheich Hamad endgültig zum zweitstärksten Mann neben dem Emir etabliert.

Sigmar Gabriel bei Hochtief
:"Herr Gabriel, kämpfen Sie für uns!"

Ein Hoch auf Sigmar Gabriel: Der SPD-Chef macht auf Arbeiterführer und sagt den Hochtief-Mitarbeitern genau das, was sie hören wollen. Gabriel will die Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS verhindern.

Sein politischer Aufstieg gelang Scheich Hamad jedoch nicht nur aufgrund seines guten Gespürs, im richtigen Moment gewinnbringende Allianzen einzugehen. Menschen, die ihn kennengelernt haben, beschreiben ihn auch als intelligenten, ehrgeizigen und extrem arbeitsamen Menschen.

Mit diesem Fleiß entwickelte der anglophile Scheich zwei weitere Qualitäten, die ihm heute zugute kommen. So lernte er fließend Englisch und suchte auch politisch die Nähe zu den USA. Dabei unterstützte er nicht nur den Vorstoß des Emirs, als dieser dem amerikanischen Militär ermöglichte, rechtzeitig für den Einmarsch im Irak 2003 einen Stützpunkt im Land einzurichten.

Dieser Komplex im Westen der katarischen Hauptstadt Doha dient dem US Central Command, einem von sechs regionalen Kommandozentren des US-Militärs, weiterhin als wichtige Basis. Auch im zivilen Bereich half Scheich Hamid Washington. So unterstützte er 2005 die Zahlung von 100 Millionen Dollar für den Wiederaufbau nach dem Hurrikan Katrina.

Die zweite Fähigkeit, die Scheich Hamid nach Auskunft von Menschen in Doha auszeichnet, ist sein ökonomisches Fachwissen. Als Kenner der Finanzwelt etablierte er sich als Vorstandsvorsitzender der Qatar Investment Authority (QIA), dem katarischen Staatsfonds, dessen Kapital dank der Gaseinnahmen Schätzungen zufolge auf 100 Milliarden Dollar gewachsen ist.

Die Abteilung von QIA, die für strategische und direkte Investitionen verantwortlich ist, ist jene Katar Holding, die sich nun an Hochtief beteiligen will. Sie verfolgt eine langfristige Strategie und investiert dabei gerne in Prestigeobjekte, die sie in der internationalen Finanzwelt bekannt machen, wie etwa die Beteiligungen an Volkswagen oder der Schweizer Bank Credit Suisse oder den Kauf des exklusiven Londoner Warenhauses Harrods im vergangenen Mai. Und natürlich soll der Einstieg bei Hochtief auch dazu dienen, die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland zu vertiefen.

Zuletzt hat die Holding aber auch zunehmend in aufstrebende Märkte in Asien und Südamerika investiert. So unterzeichneten ihre Manager dieses Jahr bereits millionenschwere Abkommen für Investionen in Malaysia, Indonesien und Brasilien. Diese Vorstöße sollen nicht nur die globalen Ambitionen der Kataris unter Beweis stellen, sondern auch künftige Gas-Abkommen mit aufstrebenden Wirtschaftsnationen erleichtern. Scheich Hamad ist ein Mann, der in langen Zeiträumen denkt.

© SZ vom 09.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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