Hitler-Trugbild auf JC-Penney-Plakat:Mein Teekesselchen hat ein Bärtchen ...

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Diesem Teekessel von JC Penney unterstellen Beobachter Ähnlichkeit mit einem deutschen Diktator. (Foto: N/A)

Hitler auf dem Herd: Ein Werbeplakat des US-Einzelhändlers JC Penney wird für manche Beobachter zum Rorschach-Test, und aus dem Unterbewusstsein steigt die deutsche Geschichte auf. Irgendwie lustig. Warum eigentlich?

Sehen Sie genau hin. Und wenn Sie es nicht sehen, dann kneifen Sie die Augen gefälligst etwas zusammen, damit das Bild verschwommener wird. Er ist es (schon wieder), oder etwa nicht?

Das ist nicht nur eine Reklame für den amerikanischen Einzelhändler JC Penney, spotten viele Betrachter, sondern die Wiederkehr Adolf Hitlers in Form eines Teekessels. Das Bild, angeblich aufgenommen am Straßenrand in Kalifornien, amüsiert auf der Plattform Reddit und auf Twitter einige Menschen. Auf so geschmacklose Wortspiele wie sie ("Chai Kampf") kommt sonst nur die Boulevardpresse aus dem einzigen Land, in dem Journalisten noch besessener vom mörderischsten Abschnitt der deutschen Geschichte sind als in Deutschland selbst ("World War Brew"): Großbritannien.

JC Penney hat seit längerem finanzielle Probleme. Die Strategie, Kunden mit immer wiederkehrenden Rabattaktionen zu ködern, wurde aufgegeben, was die zuvor loyalen Kunden verprellte. Die Umsätze brachen zuletzt um ein Viertel ein, mehr als 2000 Mitarbeiter wurden entlassen. Jetzt ist also dieser Kessel für knapp 40 Euro im Angebot. Haben sich die Amerikaner ein Beispiel am deutschen Magazin Der Spiegel genommen, das gerne mal mit Bärtchen auf dem Cover Auflage macht?

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Teekessel ein Rorschach-Test ist, der den Betrachter fragt: Woran denkst du gerade wirklich? Was es über uns sagt, dass wir so besessen von dem deutschen Diktator sind und ihn überall zu entdecken glauben, hat schon den Journalisten Daniel Erk in seinem Hitlerblog beschäftigt. Er beklagte die Banalisierung des Bösen. Die hat in Deutschland mit dem Bestseller "Er ist wieder da" von Timur Vermes - das vergangenes Jahr pünktlich zum Weihnachtsgeschäft erschien - ihren kommerziellen Höhepunkt erreicht. Das Cover sieht aus, als wäre es nach einer JC-Penney-Teekanne gestaltet worden.

Ähnlicher finanzieller Erfolg wie Vermes dürfte dem US-Konzern mit seiner Werbung wohl nicht beschieden sein. Dafür ist die Ähnlichkeit wohl doch zu: eingebildet. Außerdem gibt es ja noch eine eindeutigere Version für die wirklich Irren. Aber auch im Falle der Teekannenwerbung ruft der Betrachter: "Haha!" - was aber daran so lustig sein soll, weiß er selbst nicht. Weil der Diktator auch ein aufgeblasener Clown war oder weil Lachen Distanz schafft zum Grauen?

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