Gesetzentwurf zur Leiharbeit:Wider den Missbrauch

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Lehren aus der Causa Schlecker? Aber immer doch! Leiharbeiter sollen künftig genauso bezahlt werden wie die Stammarbeitskräfte.

Thomas Öchsner, Berlin

Ein Jahr nach der Affäre Schlecker hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) einen Gesetzentwurf gegen den Missbrauch von Leiharbeit vorgelegt. Damit will sie verhindern, dass Betriebe systematisch Mitarbeiter entlassen, um sie wenig später als billigere Leiharbeiter wieder einzusetzen.

Negativbeispiel Schlecker - jetzt werden Konsequenzen gezogen. Arbeitsministerin von der Leyen hat einen Gesetzentwurf gegen den Missbrauch von Leiharbeit vorgelegt. (Foto: dpa)

Künftig ist dies laut dem Entwurf zwar noch möglich, aber nicht mehr attraktiv: Denn das neue Gesetz schreibt vor, dass Leiharbeiter genauso zu bezahlen sind wie die Stammarbeitskräfte, wenn sie in dem Entleihbetrieb in den vorangegangenen sechs Monaten bereits als fest angestellte Arbeitnehmer tätig waren. Ein gesetzlicher Mindestlohn für die inzwischen mehr als 800.000 Beschäftigten in der boomenden Branche ist zunächst aber nicht vorgesehen. Dieser hat in der Regierung bislang keine Mehrheit, weil er von der FDP abgelehnt wird.

Das geplante Gesetz, das auch die Leiharbeitsrichtlinie der EU in deutsches Recht überträgt, enthält einige weitere wichtige Änderungen: So werden die Entleihbetriebe verpflichtet, Leiharbeitern den Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen wie betrieblichen Kindergärten, der Kantine und vom Unternehmen organisierten Beförderungsmitteln zu gewähren. Nicht mehr zulässig soll künftig auch sein, dass zuvor arbeitslose Leiharbeiter für sechs Wochen das Nettoentgelt erhalten, das ihrem Arbeitslosengeld entspricht. Unternehmer, die die neuen Vorschriften nicht einhalten, sollen ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro zahlen.

Den Vorstoß der Ministerin hatte der Drogeriediscounter Schlecker ausgelöst. Der Konzern hatte Filialen geschlossen und die Mitarbeiterinnen über eine mit Schlecker verbundene Verleihfirma zu deutlich schlechteren Konditionen in neu eröffneten Geschäften wieder eingesetzt. Von der Leyen hatte daraufhin angekündigt, dass sie diesen Missbrauch (im Fachjargon: "Drehtüreffekt") nicht mehr tolerieren werde.

Der Opposition und den Gewerkschaften geht ihr Gesetzentwurf nicht weit genug. DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki sagte der Süddeutschen Zeitung, der Vorstoß der Ministerin habe "einzelne gute Ansätze", sei aber "insgesamt absolut unzureichend, um alle Leiharbeiter vor Dumpinglöhnen zu schützen". Die große Mehrheit der Leiharbeiter werde auch künftig deutlich weniger als die Stammbelegschaft verdienen. "Die EU-Richtlinie wird damit nicht korrekt umgesetzt, die das Prinzip der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit für alle Leiharbeiter vorsieht." Die Gewerkschaften fordern außerdem eine Höchstüberlassungsdauer für Leiharbeiter. Kritik kam ebenfalls von der Linken-Fraktion. Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung, nannte die Vorschläge der Ministerin "reine Augenwischerei". Unternehmen könnten Leiharbeit weiter missbrauchen, wenn sie nach der Entlassung von Stammarbeitskräften nicht diese selbst, sondern andere als Leiharbeiter einsetzten.

Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), sagte der SZ, es spreche nichts dagegen, wenn die Ministerin die neuen tariflichen Vorschriften gegen den Missbrauch von Leiharbeit auch gesetzlich festschreiben wolle.

Sie müsse allerdings darauf achten, dass dadurch die "konzerninterne Arbeitsvermittlung auf der Grundlage von Tarifverträgen, zum Beispiel im Rahmen von Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung anstelle von Sozialplänen, nicht behindert wird".

Auch die FDP zeigte sich zufrieden. Ihr arbeitsmarktpolitischer Sprecher Johannes Vogel sprach von einem "sehr guten Ergebnis". Dem Versprechen, gegen den Missbrauch wie im Fall Schlecker vorzugehen, seien Taten gefolgt, "ohne die gesamte Branche in Mitleidenschaft zu ziehen."

© SZ vom 04./0509.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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