George Soros:Die Steuertricks eines großzügigen Spenders

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George Soros hat als Finanzanleger viel Geld verdient und vieles davon gespendet. (Foto: Brendan Smialowski/AFP)

Der Starinvestor fordert mehr Abgaben für Reiche und nutzte selbst Schlupflöcher.

Von Kathrin Werner, New York

George Soros hat sich schon immer höhere Steuern gewünscht. Superreiche wie er sollten mehr Abgaben zahlen, sagt er - im Sinne der Allgemeinheit, im Sinne der Umverteilung und der Gerechtigkeit. Es sieht so aus, als könnte sich der Wunsch des Starinvestors nun erfüllen, zumindest für ihn persönlich. Auf den 84-Jährigen könnte eine Steuernachzahlung in Höhe von 6,7 Milliarden Dollar zukommen.

In den Medien wird Soros oft als "kapitalismuskritischer Großinvestor" bezeichnet. In seiner langen Karriere hat er sich als "guter Spekulant" profiliert, der sein Geld auf den Finanzmärkten macht, aber gleichzeitig für deren strenge Regulierung eintritt.

"Sich selbst überlassen, neigen Märkte zu Extremen von Euphorie bis Verzweiflung", sagt er. "Marktradikalismus" sei die Wurzel allen Übels. Er ist einer der wenigen an der Wall Street, die sich offen für eine Wirtschaftspolitik links der Mitte einsetzen, die ihm als Geschäftsmann schaden würde. Lange haben sich viele gefragt, wie es sein kann, dass einer in etwas so gut ist und mit etwas so reich wird, das er so lautstark kritisiert. Jetzt zeigt sich: es geht vielleicht wirklich nicht so recht.

Soros soll Steuerzahlungen auf Gebühren seiner Fondskunden verzögert haben. Statt die Gebühren in Rechnung zu stellen und zu versteuern, soll er sie in seinen Fonds reinvestiert haben, wo sich die Summen steuerfrei vermehrt haben. Bis Ende 2013 habe Soros mit seiner Firma Soros Fund Management 13,3 Milliarden Dollar durch diese verzögerten Steuerzahlungen eingenommen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Unterlagen bei der zuständigen Kontrollinstanz in Irland, wo Soros seinen rechtlichen Firmensitz zeitweilig angemeldet hatte, um den amerikanischen Steuerbehörden zu entkommen. Er hat dort kaum Abgaben gezahlt. Inzwischen ist der Fonds auf die Cayman Islands umgezogen.

Dieses Verzögerungsverfahren war den größten Teil von Soros' Karriere legal, viele Hedgefonds haben es angewendet. Allerdings hat der Kongress der Vereinigten Staaten das Schlupfloch im Jahre 2008 geschlossen. Das Parlament hat die Steuervermeider verpflichtet, auf das durch den Trick verdiente Geld bis Ende 2017 Steuern nachzuzahlen. Für Soros würde das eine Rechnung von 6,7 Milliarden Dollar bringen, wenn er es nicht schafft, die Summe zu senken, indem er das Geld zum Beispiel seinen Stiftungen spendet.

Der 84-Jährige gilt als einer der großen alten Herren der Investorenszene

Soros hat den Bericht bislang nicht kommentiert. "Kein Mensch hat eine verfassungsrechtliche Pflicht, mehr Steuern zu zahlen als gefordert", sagte James Sitrick, ein Steueranwalt, der jahrzehntelang für Soros arbeitete. Der Steuertrick habe gegen kein Gesetz verstoßen. "Wenn er es nicht legal hätte machen können, hätte er es nicht gemacht."

Auf der ganzen Welt gilt Soros als einer der großen alten Herren der Investorenszene, ein inoffizieller Wirtschaftsweiser. Er ist Stargast bei den Treffen der Wirtschaftselite in Davos, hält Vorträge, schreibt Gastkommentare und gibt Interviews über die Ukraine, Syrien, den Euro, den rückläufigen Einfluss des Westens in der Welt und all das, über das er sonst gerade gern doziert. Soros ist eine Legende - und ein lebender Widerspruch. Er spricht gern vom Gemeinwohl. Die Geschäfte seines Hedgefonds Quantum dienen allerdings oft nicht dem Gemeinwohl. 1992 zwang er die britische Regierung mit geschickten Wetten, das Pfund abzuwerten und aus dem Europäischen Währungssystem auszusteigen. Seither nennt man ihn den "Mann, der die Bank of England knackte". Mit Quantums Spekulationen und Investitionen verdiente Soros ein Vermögen, das vom Magazin Forbes derzeit auf 24,2 Milliarden Dollar geschätzt wird. Auf der Liste der reichsten Menschen der Welt ist er die Nummer 29.

Schon seit Jahrzehnten gibt er einen großen Teil seines Geldes für gute Zwecke. Er hat eine Universität in seiner Geburtsstadt Budapest gegründet und fördert mit seinen Open Society Stiftungen in Dutzenden Ländern Demokratie und Menschenrechte. Nach Ausbruch der Finanzkrise gründete er mit 50 Millionen Dollar das "Institut für neues ökonomisches Denken", das Ökonomen zusammenbringt, Stipendien vergibt und einen neuen Blick auf wirtschaftswissenschaftliche Theorien bringen soll. 2004 setzte er Millionen Dollar ein, um die Wiederwahl von US-Präsident George W. Bush zu verhindern. Er hat schon mehr als acht Milliarden Dollar gespendet.

Er ist seit langem das Hassobjekt der Konservativen. Seine üppigen Spenden haben ihm den Beinamen "Paten der Linken" eingetragen. Über seinen Steuertrick und die drohende Nachzahlung weiden sich rechte Blogs und Medien genüsslich aus.

Soros wurde 1930 in Ungarn als György Schwartz geboren. Seiner jüdischen Familie gelang es, die Besatzung Ungarns durch deutsche Truppen zu überleben und auch andere Juden zu retten. Er emigrierte 1947 nach London und studierte an der London School of Economics. 1956 zog er nach New York und startete seine Karriere an der Wall Street. Er ist amerikanischer Staatsbürger. Inzwischen ist der 84-Jährige offiziell im Ruhestand, obwohl er schon oft in Rente gegangen und aus der Rente zurückgekehrt ist. "Ich habe schon oft versucht, damit aufzuhören, aber jetzt ist es endgültig", sagte Soros Anfang dieses Jahres. "Ich werde meine ganze verbleibende Energie für meine politische Philanthropie verwenden. Die beiden Tätigkeiten sind nicht miteinander vereinbar." Er hatte sich schon 2011 aus der Verwaltung fremden Geldes zurückgezogen und sich seither auf Investments mit seinem eigenen Vermögen konzentriert. "Ich habe es zum Prinzip gemacht, in meinem Unternehmen mein Eigeninteresse zu verfolgen, begrenzt durch ethische und gesetzliche Regeln", sagte er einmal. "Das öffentliche Interesse leitet mich als Intellektuellen und Philanthropen." Sollten die beiden Ziele in Konflikt geraten, "sollte das Gemeinwohl überwiegen".

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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