Geldwerkstatt:Zurück in die Sparbuchwelt

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Sie gelten als sichere Geldanlage und werfen regelmäßige Renditen ab: Dividendenfonds sind beliebt. Doch für Anleger gibt es Einiges zu beachten.

Von Julian Rodemann, München

Purpurrot, goldene Aufschrift und vergilbte Ecken - das gute alte Sparbuch ist für viele Deutsche der Inbegriff sicherer Geldanlage. Seit die Zinsen im Keller sind, wünscht sich so mancher die Zeit zurück, als die roten Heftchen noch etwas abwarfen. Glaubt man versierten Fondsmanagern, gibt es jedoch einen Ersatz: Dividendenfonds. Auch sie sollen Sicherheit und regelmäßige Rendite bringen. Kein Wunder, dass die Fonds beliebt sind. Über 31 Milliarden Euro haben deutsche Anleger 2016 in solche Fonds investiert, wie der Fondsverband BVI mitteilt. Das sind 21 Prozent mehr als im Vorjahr.

Dividendenfonds gelten als sicher, weil sie das Risiko von Aktien streuen. Sie packen mehrere Wertpapiere zusammen, allesamt von Unternehmen, die hohe Gewinne ausschütten. Aktien eines einzelnen dividendenstarken Unternehmens zu kaufen ist vielen zu riskant. Volkswagen etwa galt jahrelang als zuverlässiger Zahler von Dividenden, ehe Aktionäre im Jahr nach der Diesel-Affäre keinen Cent zu Gesicht bekamen. Neben der vermeintlichen Sicherheit locken Dividendenfonds mit regelmäßiger Rendite in Form von Gewinnausschüttungen. Seit verzinste Bankkonten nichts mehr einbringen, gelten Dividenden als Zinsersatz. Auf ihren Hauptversammlungen in den kommenden Monaten werden Deutsche Unternehmen wohl so viel wie noch nie ausschütten, wie die DZ-Bank jüngst prognostiziert hat.

Also weg mit dem Sparbuch und her mit den Dividendenfonds? Ganz so einfach ist es nicht. Zunächst sollte jedem Sparer klar sein, dass er auf sein Vermögen in Dividendenfonds - im Gegensatz zum Sparbuch - nicht jederzeit zugreifen kann. Dafür muss er seine Anteile verkaufen. Zwischenzeitlich können die aber an Wert verlieren; Fonds sind vor kurzfristigen Schwankungen ihrer Aktien nicht gefeit.

Die erste Frage, die sich Anlegern stellt: Aktiv verwaltete Fonds oder Indexfonds? Letztere bilden, wie der Name verrät, einfach einen Aktienindex ab, also zum Beispiel den Dax. Wenn dieser Index drei Prozent gewinnt, legt auch der Fonds um drei Prozent zu. Bekannt wurden Indexfonds unter dem Kürzel ETF, die englische Abkürzung für börsengehandelte Fonds. ETFs kosten wenig, da keine Manager bezahlt werden müssen, die sich um den Fonds kümmern. Meist liegen die Gebühren bei unter 0,5 Prozent des angelegten Betrags. Außerdem sind sie leicht zu verstehen, enthalten keine komplizierten Termingeschäfte oder Hebelprodukte. Nicht zuletzt deshalb werden ETFs immer beliebter - ihr Volumen wuchs während der vergangenen drei Jahre in Europa um 70 Prozent.

Ein altes Sparbuch - für viele Deutsche der Inbegriff sicherer Geldanlage. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Viele Fondsgesellschaften bieten neben einfachen ETFs mittlerweile auch sogenannte Smart-Beta-ETFs an. Das sind Indexfonds, die nicht den ganzen Index abbilden, sondern Aktien nach bestimmten Kriterien herausfiltern. Unter ihnen greifen Anleger oft zu Dividenden-ETFs, die aus den Indizes nur Unternehmen mit hohen Gewinnausschüttungen aufnehmen. Die Deutschen haben laut Fondsverband BVI im vergangenen Jahr 4,8 Milliarden Euro in Dividenden-ETFs investiert - 50 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren.

Doch diese angesagten Indexfonds bergen Risiken. So sehr manche Experten zu allgemeinen ETFs raten, so sehr warnen sie vor Dividenden-ETFs. Eine starre Auswahl anhand der Dividenden kann problematisch sein. Sie führt oft zu einer Konzentration auf Branchen, in denen traditionell hohe Gewinnausschüttungen fließen, zum Beispiel Energieversorger oder Banken. Von einer vermeintlich breiten Streuung, die ein ETF sonst verspricht, kann dann nicht mehr die Rede sein. Fondsmanager sprechen vom Klumpenrisiko.

Manchmal sollen hohe Dividenden über schlechte Kursentwicklung hinwegtrösten

Entscheidend ist in jedem Fall, die Ausschüttungsquote im Blick zu behalten. Sie gibt an, welcher Anteil der Gewinne an Aktionäre ausgeschüttet wird. "Die Ausschüttungsquote sollte zwischen 50 und 60 Prozent liegen", empfiehlt Ali Masarwah, Chefredakteur der deutschen Ausgabe von Morningstar. "Alles darüber spricht gegen ein solides Geschäftsmodell."

Es gibt Dividenden-ETFs, die Konzerne mit zu hohen Ausschüttungsquoten aus dem Fonds werfen. Andere ETFs setzen Obergrenzen für Werte aus einzelnen Branchen, um das Klumpenrisiko klein zu halten. Kompliziertere Produkte taugen also mehr als simple Dividenden-ETFs. Für Anleger heißt das: "Sie sollten Zeit mitbringen, um sich mit der genauen Zusammensetzung der Aktien innerhalb der ETFs zu beschäftigen", sagt Masarwah.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen rät, dann besser gleich zu aktiv gemanagten Fonds zu greifen. "Bei Dividenden-ETFs wird es für Kleinanleger schnell zu komplex", sagt Oelmann. Hinter aktiven Fonds stecken Manager, die regelmäßige Anpassungen vornehmen. Die Fonds kosten zwar mehr als ETFs, haben aber einen großen Vorteil: "Beim aktiv gemanagten Fonds habe ich jemanden, der die Kursentwicklung im Auge behält und zur Not eingreift", sagt Oelmann. Wenn also ein Wert im Fonds plötzlich abstürzt, wie 2015 die VW-Aktie, dann verkaufen die Manager sie und verhindern so, dass sie den Fonds nach unten zieht.

Ob Dividenden insgesamt eine geeignete Orientierung für Auswahl von Aktien bieten, ist umstritten. Die Gewinnausschüttung ist neben der Kurssteigerung zwar ein wichtiger Teil der Gesamtrendite, doch ob ein Geschäftsmodell funktioniert, zeigen Dividenden selten. In der Vergangenheit hielten manche Unternehmen ihre Aktionäre sogar mit hoher Dividende bei Laune, wenn es mit den Kursen abwärts ging - wie etwa bei EON und RWE nach dem Atomausstieg. Dividenden können außerdem ein Wachstumshindernis sein: Wer viel ausschüttet, reinvestiert wenig und wächst nicht. Das senkt die Gewinnerwartung, die sich dann im fallenden Aktienkurs widerspiegelt.

Statt sich von der Dividende als vermeintlichem Zinsersatz blenden zu lassen, sollten Sparer deshalb genau hinschauen: Schütten die Unternehmen viel aus, weil sie tatsächlich Gewinne übrig haben, oder weil sie ihre Aktionäre zufrieden stellen wollen?

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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