Geldwerkstatt:Beton im Portfolio

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Infrastruktur wie hier am Autobahnkreuz Oberhausen-West muss instand gehalten oder überhaupt erst geschaffen werden. Eine gute Möglichkeit, Geld zu investieren. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Infrastruktur als Geldanlage kann auch für Privatanleger interessant sein. Es herrscht weltweit Investitionsbedarf.

Von Valentin Dornis, München

Tiefe Schlaglöcher, gesperrte Brücken, ewige Baustellen: Viele Autofahrer macht das wütend. Doch diesen alltäglichen Problemen auf dem Weg zur Arbeit wohnt ein ungeahntes Potenzial inne - nämlich zur Geldanlage: Immer mehr Privatanleger entdecken Infrastruktur als Möglichkeit, ihr Geld zu investieren.

Um wettbewerbsfähig zu sein, braucht ein Land eine funktionierende Infrastruktur. Je nach Definition ist dieser Bereich recht weit gefasst. Dazu gehören aus Anlegersicht Bauunternehmen, Energieversorger, aber auch Betreiber von Flug- und Seehäfen, Telekommunikationsunternehmen oder sogar soziale Infrastruktur, zum Beispiel Seniorenheime oder Krankenhäuser.

Nicht nur in Deutschland ist der Investitionsbedarf groß: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt den weltweiten Investitionsbedarf in Infrastruktur bis 2030 auf 71 Billionen US-Dollar. Andere Schätzungen setzen den Bedarf sogar noch höher an.

Für Anleger ist wichtig zu wissen, für welchen Zeitraum sie ihr Geld anlegen wollen. "Bei Infrastruktur zählt das langfristige Investment", sagt Stephan Albrech, Vorstand der Kölner Vermögensverwaltung Albrech & Cie. Anleger sollten also Zeit mitbringen und nicht auf den schnellen Gewinn hoffen. "Sie müssen mit Schwankungen ihres Depotwertes rechnen und sollten nicht alle zwei Wochen auf den Kurs schauen", so Albrech.

Ein recht unkomplizierter Weg, sein Geld in Infrastruktur anzulegen, sind Exchange Traded Funds oder kurz ETFs. Diese Papiere bilden einen bestimmten Marktbereich ab, ohne dass der Anleger sein Geld in einzelne Aktien stecken muss. Die mögliche Rendite entspricht hier in etwa der Marktentwicklung. Im Bereich Infrastruktur gibt es ETFs, die globale Indizes nachbilden, zum Beispiel den S&P-500- Global-lnfrastructure-Index. Diese Indizes umfassen je nach Aufbau verschiedene börsennotierte Unternehmen aus dem Bereich Infrastruktur, sowohl international als auch national. ETFs sind besonders unkompliziert und für Anleger eine Möglichkeit, etwas Abwechslung in ihr Portfolio zu bringen. Es geht dabei um Diversifikation: Experten raten gerade Einsteigern davon ab, sich bei der Geldanlage nur auf bestimmte Branchen oder Unternehmen zu verlassen.

Eine weitere Möglichkeit, Geld in Infrastruktur anzulegen, sind aktiv gemanagte Infrastrukturfonds. Sie sammeln das Geld der Anleger und legen es gezielt in bestimmten Bereichen an, sind deshalb aber meist teurer. Viele der Fonds bilden derzeit die sogenannten Emerging Markets ab, also Märkte in Schwellenländern, die zuletzt gute Renditen versprachen. Man könne auch pauschal davon ausgehen, dass in diesen Schwellenländern der Bedarf an Infrastrukturentwicklung weiterhin höher bleibe als in den Industrienationen, sagt Andreas Görler von der Wellinvest Vermögensverwaltung Berlin. "Allerdings sind die Risiken auch deutlich höher." In der Industrienation USA ist derzeit ein selbsternannter Infrastrukturexperte Präsident: Donald Trump. Schon im Wahlkampf machte er die kaputten Straßen, Brücken und Bahnlinien in den USA zum Thema. Mit Beton kenne er sich schließlich aus, scherzte der Immobilienunternehmer. Im Frühjahr kündigte der US-Präsident an, er wolle im Laufe seiner Amtszeit etwa eine Billion Dollar in Infrastruktur investieren.

Wer auf diese Versprechen setzt, kann bei der Auswahl eines Infrastrukturfonds auch darauf achten, dass dieser zu größeren Teilen in US-Unternehmen investiert. Hier zeigt sich allerdings auch ein Dilemma, das bei allen Anlageformen zur Infrastruktur gilt: Die Abhängigkeit von politischen Entscheidungen ist recht hoch.

Bauvorhaben hängen oft von politischen Einscheidungen ab - ein Risiko

Auch deshalb ist es ein größeres Risiko, gezielt die Aktien einzelner Unternehmen auszuwählen und sich so sein eigenes Infrastruktur-Portfolio zusammenzustellen. Für Einsteiger ist dieser Weg nicht zu empfehlen. Um mit solch einer Anlagestrategie erfolgreich zu sein, ist viel Fachwissen nötig. Anleger sollten sich in den entsprechenden Branchen auskennen, die Marktentwicklung und die Aufstellung der jeweiligen Unternehmen analysieren. Außerdem brauchen Anleger genug Kapital, um die Aktien der ausgewählten Unternehmen kaufen zu können.

Es gibt auch einzelne Infrastrukturprojekte, die mit dem Geld der Anleger finanziert werden. Zum Beispiel werden Investitionen in besonders umweltfreundliche Kraftwerke beworben oder Bauprojekte in Entwicklungsländern. Doch hier sollte man sehr vorsichtig sein. Denn nicht alle Unternehmen auf dem Finanzmarkt werden streng kontrolliert und staatlich beaufsichtigt. In diesen Fällen spricht man vom grauen Kapitalmarkt. Gerade auf diesem grauen Kapitalmarkt wird oft eine hohe Rendite versprochen. Das sollte für Anleger ein Warnsignal sein: Eine hohe Rendite bedeutet immer auch ein größeres Risiko. Hinzu kommt: Auf dem grauen Kapitalmarkt gibt es immer wieder auch Fälle, in denen Anleger mit dubiosen Versprechen um ihr Geld gebracht werden.

Anleger sollten sich also gut informieren: Welchen Hintergrund haben die Anbieter? Sind die Versprechen plausibel? Werden Risiken transparent dargestellt? Die Finanzaufsicht Bafin bietet auf ihrer Website ausführliche Tipps und Warnhinweise zum grauen Kapitalmarkt.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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