Geldwerkstatt:Auf Wunsch des Königs

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Die Opec treibt den Preis für Öl nach oben. Ein Fass Rohöl kostet derzeit so viel wie seit mehr als drei Jahren nicht. Für Autofahrer wird Tanken teurer. Aber können wenigstens Anleger von der Entwicklung profitieren?

Von Nils Wischmeyer, München

Ein Prinz bekommt fast immer, was er will, ein ganzes Königshaus erst recht. Und so wundert es nicht, dass der Ölpreis in den vergangenen Monaten stark gestiegen ist. Immerhin will die Königsfamilie in Saudi-Arabien die staatliche Ölgesellschaft Saudi Aramco zum Teil an die Börse bringen und macht dafür alles, um die Preise nach oben zu treiben. Die Kalkulation dahinter ist simpel. Je höher der Ölpreis, umso höher der Aktienwert, umso mehr Geld nimmt der Staat ein.

Bisher sieht es so aus, als ginge der Plan auf. Zuletzt mussten die Käufer für ein Barrel (159 Liter) des Nordseeöls Brent auf dem Weltmarkt mehr als 70 Euro bezahlen und damit so viel wie seit November 2014 nicht mehr. Damals war der Preis bereits von 100 Dollar auf 70 gerutscht und zwischenzeitlich sogar unter 30 US-Dollar gefallen. Schuld war der Förderboom in den USA, die Massen des Rohstoffs auf den Markt warfen. In der Folge gab es ein starkes Überangebot, das wiederum die Preise gedrückt hat.

Dass der Preis steigt, zeigt, dass die Förderbegrenzungen der Opec, unter Federführung Saudi-Arabiens, greifen. Seit Anfang des Jahres 2017 fördern die Petro-Staaten des Kartells und einige Verbündete wie etwa Russland weniger Öl, um den Preis auf ein höheres Niveau zu bringen. Liefen die Maßnahmen anfangs noch schleppend, übererfüllen die Staaten ihren Kürzungsplan jetzt sogar, wenn auch nicht ganz freiwillig, wie Carsten Fritsch, Analyst für Rohstoffe bei der Commerzbank erklärt. Die Opec-Staaten, so sagt er, kürzen etwa 700 000 Barrel am Tag mehr als eigentlich erwartet. Davon gingen allein 600 000 Barrel auf das Konto Venezuelas. Nicht, weil das Land Fleißpunkte sammeln wolle, sondern weil die wirtschaftlichen und finanziellen Umstände eine Ausweitung der Produktion nicht erlaube.

Noch müssen sich die Ölscheichs im Nahen Osten keine Sorgen machen. Das mit der Konkurrenz durch die Energiebarone im Landkreis bleibt erstmal ein schöner Traum. (Foto: Hasan Jamali/AP)

Das führt zu einer Situation, die es so seit einigen Monaten schon nicht mehr gab. "Wir sehen zurzeit, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt. Das war vor einigen Monaten so nicht erwartet worden", sagt der Rohstoff-Analyst der Commerzbank. Deutlich wird das mit einem Blick auf die Lagerbestände der USA, die kontinuierlich sinken. Der amerikanischen Energieagentur zufolge gingen sie in der vergangenen Woche um 1,1 Millionen Barrel zurück.

Die Strategie der Förderländer verärgert den US-Präsidenten. Donald Trump hat die Opec für den Anstieg der Ölpreise kritisiert. Der Preis werde künstlich hochgetrieben, twitterte Trump am Freitag. "Das ist nicht gut und wird nicht akzeptiert!" Der Opec warf er vor, "Spielchen" zu spielen. Der Markt reagierte prompt - am Freitag gab der Preis etwas nach und rutschte nach Trumps Tweet auf 73,27 Dollar ab. Opec-Generalsekretär Mohammad Barkindo verteidigte die Förderbremse. Sie habe die Branche vor dem Zusammenbruch gerettet, sagte er laut Nachrichtenagentur Reuters in Reaktion auf den Tweet. Man sei auf dem besten Weg, die Lage zu stabilisieren. Das sei im Interesse der Ölproduzenten, der Verbraucher und der Weltwirtschaft.

Bleibt die Opec bei ihrer Strategie, werden auch die Preise weiter steigen, prognostiziert Analyst Fritsch: "Autofahrer müssen kurz- und mittelfristig dann mit steigenden Benzinpreisen rechnen."

Während die Pendler und Wochenendfahrer aufstöhnen dürften, stellt sich vielen Anlegern die Frage, ob sie nicht auch in Rohstoffe investieren sollten. Grundsätzlich muss man sagen, ist der komplizierte Handel mit Rohstoffen und allen Finanzprodukten rund um das Rohstoffgeschäft eher für erfahrene Anleger geeignet. Denn die Preise sind volatil, der Markt unübersichtlich, die Finanzprodukte hochkomplex, und bereits kleine Veränderung in einigen Ländern können alle Prognosen über den Haufen werfen.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

Wer dennoch investieren will, für den gibt es mehrere Optionen. Klassisch als Anlagestrategie, aber untypisch im Rohstoff-Sektor ist der Kauf von Aktien, entweder von großen Ölfirmen oder aber den Ausstatter der Ölfelder in den USA. Beide Industriezweige profitieren von steigenden Preisen, die einen sogar etwas früher als die anderen. Wesentlich häufiger, aber wesentlich komplexer, ist der Handel mit Futuren oder Zertifikaten. Mit ihnen können Anleger auf die Wertentwicklung der Rohstoffpreise wetten, also auf fallende oder steigende Kurse. All das ist allerdings sehr spekulativ und schwer abhängig von den Launen der Petro-Staaten.

Ein Preis von 80 bis 100 Dollar je Barrel würde den Hoheiten zusagen, heißt es bei Insidern

Besonders deutlich wird das am Beispiel Saudi-Arabien und seinem Traum vom großen Börsengang. Erst war er mit viel Tam Tam angekündigt worden, jetzt weiß niemand, wann er tatsächlich über die Bühne gehen wird. Läuft alles so, wie sich die Herrscherfamilie das vorstellt, wird das Unternehmen mit zwei Billionen Dollar bewertet. Um die Dimensionen zu begreifen, ein Blick auf Apple: Der Techkonzern ist zurzeit noch weniger als eine Billion Dollar wert und gilt als mit Abstand wertvollste Firma der Welt.

Um in die Nähe der Wunschbewertung zu kommen, zieht das Förderland die Preise an. Ein Preis zwischen 80 und 100 Dollar je Barrel würde den Hoheiten zusagen, heißt es bei Insidern. Ob Öl bis zum Börsengang tatsächlich so teuer wird, hängt zum einen vom nächsten Treffen der Opec im Juni ab. Dort verhandelt das Kartell, ob es die Förderkürzungen so beibehalten will. Zum anderen ist entscheidend, wie schnell die USA die eigene Produktion hochfahren. Produzieren die Fracking-Firmen wesentlich mehr, könnte das Angebot die Nachfrage bald wieder übersteigen, der Preis sinken.

Neben dem Machtkampf der Opec-Staaten gegen die USA gibt es noch weitere Unwägbarkeiten im Markt. Halten etwa die US-Sanktionen gegen Iran an, könnte das den Preis ebenso steigen lassen wie eine weitere Eskalation des Krieges in Syrien. "All die verschiedenen Faktoren machen es aktuell besonders schwierig, die Entwicklung des Ölpreises vorherzusagen", sagt Fritsch. Dementsprechend kompliziert ist es für Privatanleger, auf dem Markt mitzumischen.

Eine Möglichkeit gibt es allerdings, sich unabhängig von den Ölpreisen zu machen: Im Sommer einfach öfters mit dem Fahrrad fahren.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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