Geldwerkstatt:Anlegen und zurücklehnen

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Wie kann man langfristig für das Alter vorsorgen? Die Stiftung Warentest empfiehlt die "Pantoffel-Strategie". Es gibt aber auch die Möglichkeit von Zielfonds, die in Deutschland noch kaum bekannt sind.

Von Harald Freiberger, München

Die Frage stellen sich viele jüngere Bundesbürger: Wie sollen sie für das Alter vorsorgen, wo absehbar ist, dass die gesetzliche Rente nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu halten, wenn sie in Jahrzehnten in den Ruhestand gehen? Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass ein Sparplan dafür der Königsweg ist. Dabei fließt jeden Monat automatisch ein bestimmter Betrag vom Konto in einen Fonds. Der Vorteil ist die Regelmäßigkeit, die über einen längeren Zeitraum zu einem ansehnlichen Geldbetrag führen kann, wenn das Geld in die richtigen Produkte fließt.

Die Umsetzung ist aber nicht trivial. Im Detail sind dabei einige komplizierte Fragen zu klären: In welche Art von Fonds soll das Geld genau fließen? Was ist angemessen für die Risikobereitschaft des Anlegers? Und wie lassen sich die Produkte anpassen, wenn sich die Risikobereitschaft im Laufe der Zeit ändert? Kurz vor der Rente sollte nicht mehr so viel Geld in den schwankungsanfälligen Aktienmarkt fließen. Zwei Konzepte können Verbrauchern solche Entscheidungen erleichtern. Eines stammt von der Stiftung Warentest, sie nennt es "Pantoffel-Sparplan". Das andere Konzept sind sogenannte Zielfonds, die in anderen Ländern bei der Altersvorsorge schon eine wichtige Rolle spielen, in Deutschland aber noch kaum verbreitet sind.

Pantoffeln

Die Stiftung Warentest hat im Jahr 2013 ein Konzept für das langfristige Sparen entworfen. Sie empfiehlt es für Anleger, die mindestens 15 Jahre Zeit haben, und nennt es "Pantoffel-Sparplan", weil es bequem sein und für jeden Bedarf passen soll. "Damit können Anleger aus monatlichen Raten ein kleines Vermögen machen", heißt es bei den Warentestern. Die Sparrate hängt davon ab, was der Anleger entbehren kann, sie kann bei 50 Euro im Monat losgehen, aber auch mehr als 1000 Euro betragen.

Warentest empfiehlt, das Geld auf Aktien und Renten zu verteilen, am besten über Indexfonds, auch ETF genannt, weil diese das Vermögen auf viele einzelne Wertpapiere verteilen und dadurch das Risiko streuen. Konkret sind dies der Weltaktienindex MSCI World, der mehr als 1600 Aktien von Industrieländern repräsentiert, und ein ETF auf europäische Staatsanleihen. Sie werden von ETF-Anbietern wie Comstage, db x-trackers oder iShares herausgegeben. Anleger brauchen dafür ein Wertpapierdepot, das Direktbanken wie Comdirect oder ING-Diba anbieten. Die ETF sind häufig schon gratis, das Führen des Sparplans kostet eine Gebühr.

Warentest empfiehlt drei Varianten: Bei einem ausgewogenen Sparplan fließen je 50 Prozent in Aktien und Renten, bei einem defensiven 25 Prozent in Aktien und 75 Prozent in Renten, bei einem offensiven Sparplan ist es umgekehrt. Je länger der Anleger Zeit hat, umso offensiver kann er seinen Sparplan ausrichten. Geht es auf das Ende der Laufzeit zu, sollte er nach und nach in Richtung Renten-ETF umschichten. Eine Rechnung für die vergangenen 15 Jahre: Wer damals einen ausgewogenen Pantoffel-Sparplan mit 200 Euro Sparrate pro Monat abschloss, zahlte insgesamt 36 000 Euro ein; er hätte nun 57 000 Euro, bei einem Sparvertrag wären es nur 40 000 Euro, bei einem durchschnittlichen Mischfonds 43 000 Euro.

Zielfonds

Eine andere Möglichkeit, langfristig für das Alter zu sparen, sind sogenannte "Target Date Funds", auf deutsch "Zielfonds". Sie wurden in den USA nach der Pleite des Energiekonzerns Enron 2001 sehr populär, weil damals viele Altersvorsorge-Verträge wertlos wurden. Es zeigte sich, dass langfristige Vorsorge für das Alter breiter investiert sein sollte. Die Zielfonds investieren in der Regel in große Aktienwerte und in Staatspapiere. Es gibt sie für unterschiedliche Laufzeiten. Die Fondsgesellschaft Fidelity etwa bietet sie in Fünf-Jahres-Schritten an. Der Sparer wählt denjenigen mit dem Zieldatum, in dem er in Rente geht. Die Fondsgesellschaft schichtet dann je nach Laufzeit nach und nach von den riskanteren Aktien in die sichereren Anleihen um. Der Fidelity-Zielfonds mit dem Ziel 2025 hat beispielsweise eine Aktienquote von 40 Prozent, bei jenem mit dem Ziel 2045 sind es dagegen noch 95 Prozent.

Niedrige Zinsen, hohe Unsicherheit - wie soll man da noch sein Geld investieren? In der "Geldwerkstatt" erklären wir aktuelle Fragen zur Geldanlage. (Foto: SZ-Grafik)

"Der Vorteil dieses Modells ist, dass der Anleger nicht selbst umschichten muss", sagt Ali Masarwah vom Fonds-Dienstleister Morningstar. "Er braucht nicht nervös zu werden, wenn die Aktienmärkte einbrechen, weil er umso risikoärmer unterwegs ist, je näher er der Rente kommt."

Allerdings muss der Anleger genau schauen, nach welchen Mechanismen die Gesellschaft umschichtet. Einige Zielfonds bleiben länger in riskanteren Aktien als andere. Bei der Dexia-Bank hat der 2021 ablaufende Zielfonds zum Beispiel noch eine Aktienquote von gut 55 Prozent. Andere Anbieter wie die Dekabank, die Fondstochter der Sparkassen, sind da weniger sportlich. Der "Deka Zielfonds 2020-2024" hat beispielsweise nur noch eine Aktienquote von knapp zehn Prozent.

Innerhalb Europas sind Zielfonds bisher lediglich in Schweden verbreitet. In Deutschland sind sie noch kaum bekannt, was Masarwah schade findet: "Gerade für das langfristige Sparen ist das eine pfiffige Idee", sagt er.

© SZ vom 12.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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