Geldanlage:Verhexte Mäuse

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Euro Disney feierte gerade 25-jähriges Bestehen. Aktionär Freisler hat seit Jahren nichts zu lachen. (Foto: Bertrand Guay/AFP)

Wie man sich mit Aktien beinahe sein Leben ruinieren kann: Seit fast 24 Jahren leidet ein deutscher Kleinanleger unter seinem Einstieg bei Euro Disney - und kämpft.

Von Michael Kläsgen, München

Jürgen Freisler wird auch an diesem Freitag wieder Zettel über den angeblichen so großen Beschiss verteilen. Dafür nimmt er die weite Autofahrt von München nach Paris in Kauf, wo sich die Aktionäre des Vergnügungsparks von Euro Disney, seine Mitleidenden, zur Hauptversammlung treffen. Freisler weiß, dass auch seine diesjährige Verteilaktion nichts nutzen wird, jedenfalls nicht kurzfristig.

Trotzdem tut er sich die Reise wieder an. Freisler, 70, hohe Stirn, weiße Haare, ist zäh. "Ich muss nur ruhig bleiben", sagt er immer wieder beschwörerisch eher zu sich selbst. Wie er betont, führt er seinen inzwischen 24 Jahre währenden Kampf gegen die Windmühlen im übertragenen Sinne und das Euro-Disney-Management im Konkreten nicht für sich allein, sondern auch für seine Kinder und Freunde. Mit ihnen zusammen hat der "Kleinaktionär" Freisler einen so großen Betrag in der Euro-Disney-Aktie versenkt, dass es ihm unangenehm wäre, wenn er genannt werden würde. Nur so viel: Es geht hier einen siebenstelligen Betrag. Klingt nach viel, aber der Münchner wirkt nicht gerade reich.

Was will Freisler? Eine außergerichtliche Einigung des Unternehmens mit allen Aktionären der ersten Stunde. Die haben quasi einen Totalverlust hinnehmen müssen. Freisler kaufte sogar noch nach, als der Kurs schon gefallen war. Aber warum sollte Euro Disney ihn dafür entschädigen? Ist er nicht Opfer seiner eigenen Gier?

Freisler glaubt, er und alle anderen Alt-Aktionäre seien nach und nach enteignet worden. Sein Problem ist, dass er das kaum belegen kann. In etlichen Briefen über all die Jahre hat er immer wieder mit Gleichnissen argumentiert, um den komplexen Sachverhalt vereinfacht darzustellen. Im Jahr 2007 flogen sogar der damalige Unternehmenschef Karl Holz und Finanzvorstand Ignace Lahoud nach München, um ihn anzuhören. Noch in den vergangenen Tagen schrieb er akribische, detaillierte Briefe unter anderen an Bob Iger, den Chef der Walt Disney Company in Amerika. Der US-Konzern kündigte vor wenigen Wochen an, die Tochter in Europa komplett übernehmen zu wollen. Die Euro-Disney-Aktie schnellte daraufhin um fast 70 Prozent in die Höhe auf zwei Euro. An Freislers Verlust änderte das kaum was.

Ist er inzwischen darüber verrückt geworden? Freisler stellte sich die Frage in einem seiner vielen Briefe an die Geschäftsführung selber. Seine Antwort: "Nein. Euro Disney ist ein gesundes Unternehmen, das niemals pleite machen wird. Der französische Staat wird alles tun, um die Arbeitsplätze und die touristische Attraktion zu erhalten." Tatsächlich ist der Vergnügungspark eine der größten Touristenattraktionen Europas. Die Hotelauslastung ist weit überdurchschnittlich. Auf dem Areal wird ständig neu gebaut. Und dennoch ist es wie verhext. Meist schreibt das Unternehmen Verluste, und das liegt nach Freislers Auffassung an dem geschickten Finanzkonstrukt, das man um Euro Disney gebaut hat.

Rechtsverstöße kann Freisler keine nachweisen, außer dass vielleicht im Jahr 2005 ein Gutachten nicht erstellt wurde, das wohl hätte erstellt werden müssen. Aber das ist ohnehin verjährt. Merkwürdigkeiten gibt es hingegen viele, zum Beispiel dass sich der Sach- und Immobilienwert nicht in der Aktie widerspiegelt. Freisler sagt, allein deswegen müsste sie bei mindestens sieben Euro liegen. Er hat das alles durchgerechnet, aber noch hat das nichts bewirkt. Noch nicht.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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