G-20-Treffen:Verzicht auf China-Schelte

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Die G-20-Finanzminister sehen Peking auf dem richtigen Weg - nach den von der wirtschaftlichen Schwäche Chinas ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten.

Von Cerstin Gammelin, Ankara

Trotz der von der wirtschaftlichen Schwäche Chinas ausgelösten Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten verzichten die Finanzminister der wichtigsten Volkswirtschaften beim G-20-Treffen in Ankara darauf, das Land öffentlich zu mahnen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Freitag in Ankara, er erwarte "intensive Diskussionen". Er werde "aufmerksam zuhören, was die chinesischen Verantwortlichen selber dazu sagen werden". Die G-20-Finanzminister verständigten sich darauf, die Krise in China in der gemeinsamen Abschlusserklärung nicht direkt anzusprechen. Chinesische Vertreter hätten eindringlich darum gebeten, berichteten Diplomaten. Zudem seien sich die Teilnehmer darin einig, dass die Regierung in Peking finanzpolitisch korrekt reagiere. "Sie richtet ihre Finanzpolitik westlicher aus", sagte ein hoher EU-Diplomat. Die Liquidität des Marktes sei unter Kontrolle, es drohten keine systemischen Risiken. Schäuble bewertete die jüngsten Maßnahmen der chinesischen Notenbank positiv. "China hat sich auf den richtigen Weg begeben", sagte er.

Die größte Sorge bereitet das abflauende Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft. Peking kalkuliert für 2015 mit sieben Prozent, internationale Organisationen mit fünf Prozent. Europäische Analysten haben ihre Prognosen auf etwa drei Prozent reduziert. Am Rande der G-20-Tagung in Ankara hieß es, verlässliche Zahlen seien "sehr schwer" zu bekommen. Analysten erwarten, dass sich schon ein geringeres Wachstum von fünf anstatt sieben Prozent spürbar auf andere große Volkswirtschaften auswirkt. Das deutsche Wachstum würde um 0,25 Prozentpunkte geringer ausfallen.

Schäuble wollte erneut für ein Ende der Niedrigzinspolitik werben. "Ich werde meine Auffassung nicht verschweigen", sagte er. "Wir haben nicht zu wenig Liquidität, nicht zu wenige Schulden. Ich sehe eher die Gefahr von Blasenbildung". Der Bundesfinanzminister wies den Eindruck zurück, Deutschland fahre als vergleichsweise stark wachsende Volkswirtschaft mit einem neuen Führungsanspruch zu den G-20-Treffen. "Wir kommen mit so einem Selbstvertrauen hierher wie die deutsche Fußballnationalmannschaft, die heute Abend gegen Polen spielt."

© SZ vom 05.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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