Fußball-Weltmeisterschaft:Zeit, dass sich was dreht

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Für die Sportartikelhersteller entscheidet sich die diesjährige Fußball-Weltmeisterschaft in Russland nicht nur auf den Spielfeldern, sondern vor allem auf den Plattformen im Internet.

Von Uwe Ritzer, Herzogenaurach

Laura Dahlmeier, Andreas Wellinger und Arnd Peiffer trugen Mützen und Kleidung mit dem weithin sichtbaren Adidas-Dreiblatt, als sie dieser Tage in Pyeongchang ihre Goldmedaillen feierten. Seit einiger Zeit schon ist der fränkische Sportartikelhersteller Ausrüster des deutschen Olympia-Teams und des deutschen Skiverbands. Dahinter verbirgt sich jedoch vor allem Imagepflege und weniger konkretes Geschäft. Adidas will sein Profil als die Marke schärfen, die anscheinend immer im Spiel ist, wenn es um sportliche Spitzenleistungen geht.

Doch niemand kauft sich einen Skisprung- oder Biathlonanzug und setzt sich damit in die Kneipe oder vor den Fernseher, nur weil Wellinger und Dahlmeier sie tragen. Bei Fußballtrikots ist es anders. Dementsprechend ist nicht Olympia, sondern die Fußball-WM in Russland vom 14. Juni bis 15. Juli das größte und wichtigste Ereignis für die Sportartikelbranche in diesem Jahr.

Erfahrungsgemäß treibt eine WM das Geschäft vor allem der großen Hersteller enorm an. Weltmarktführer Nike hofft dabei, Adidas endlich auch im wichtigen Segment mit Fußballprodukten zu überholen, wo die Deutschen vorn liegen. 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftete Adidas im EM-Jahr 2016 mit dem Verkauf von Fußballschuhen, Fantrikots und anderen Kicker-Utensilien. Das waren 400 Millionen Euro mehr als 2014, als die deutsche Mannschaft in Brasilien Weltmeister wurde. Für 2018 hat Adidas noch kein Umsatzziel genannt, doch dürfte der Umsatz mit Fußballware an der Drei-Milliarden-Euro-Marke kratzen. Mindestens.

Wobei die Schlacht der Hersteller um Marktanteile und Umsätze nicht nur in russischen Fußballstadien und vor den Augen von Milliarden Fernsehzuschauern ausgetragen wird. Das Marketing der großen Sportartikelfirmen erlebt derzeit einen Umbruch. Seit geraumer Zeit schon rüsten die Hersteller digital massiv auf. Adidas etwa betreibt eigene Newsrooms, die über verschiedene Zeitzonen rund um den Globus verteilt, pausenlos die vor allem junge Kundschaft über alle erdenklichen digitalen Kanäle und sozialen Netzwerke füttern. Bevorzugt mit exklusiven Bildern, Videoclips und anderen Informationen über jene Teams und Fußballstars, die bei der Drei-Streifen-Marke unter Vertrag stehen. "Unser Ziel ist es, global mit den Fußballverrückten in Kontakt zu treten", sagt eine Adidas-Sprecherin. Bei Nike oder Puma ist das nicht anders. Die Mitarbeiter in den jeweiligen Newsrooms, allein bei Adidas sind es mehrere Hundert, speisen aber nicht nur ständig neue Werbeinhalte ins Netz. Sie kommunizieren auch mit der hauptsächlich jugendlichen Zielgruppe und werten aus, wie diese auf die Angebote reagiert, wie sie neue Produkte bewertet und überhaupt über die jeweilige Sportartikelmarke diskutiert.

Bei der Konkurrenz Puma blickt man der WM allerdings mit gemischten Gefühlen entgegen. Bekanntlich konnte sich Italien nicht für die WM in Russland qualifizieren, es das wichtigste Nationalteam im Puma-Portfolio. Weshalb die bereits entwickelte und zum Teil produzierte WM-Kollektion der Azzurri wieder eingestampft wurde oder nur in weit geringeren Stückzahlen produziert wird.

Nach jetzigem Stand wird Puma lediglich drei WM-Teams ausstatten; darunter ist mit Uruguay bestenfalls ein Geheimfavorit. Den Titel unter sich ausmachen werden voraussichtlich die Teams, die in Nike- oder Adidas-Trikots und Hosen auflaufen werden. Zwölf der insgesamt 32 Turnierteilnehmer rüsten die Deutschen aus, zehn die Amerikaner. Darunter alle Topfavoriten.

Das spiegelt die Machtverhältnisse im Fußball-Ausrüstergeschäft wider. Auch die großen, weltweit zugkräftigen Vereinsmannschaften stehen in der Regel bei Adidas oder Nike unter Vertrag. Was dem Umstand geschuldet ist, dass die Preise für Top-Teams wie Real Madrid, Manchester United und City, Juventus Turin oder Bayern München sich zuletzt vervielfacht haben. Sie liegen im hohen zweistelligen Millionenbereich, pro Jahr. Auch die besten Nationalteams sind teuer wie nie. Adidas etwa ist der Ausrüstervertrag mit dem DFB seit diesem Jahr etwa 50 Millionen Euro wert, doppelt so viel wie zuvor.

Hierzulande kaum bemerkt, konzentrieren sich die Hersteller 2018 auch stark auf den größten Sportartikelmarkt Nordamerika und Großereignisse im US-Sport. Wie zuletzt auf den Super Bowl oder am Wochenende das NBA-Allstar-Match in Los Angeles. Auch dazu lassen die großen Marken die digitalen Drähte glühen. Ganz ohne reale Aktivitäten geht es allerdings nicht. So hat Adidas in LA ein großes Lagergebäude angemietet, um am Allstar-Wochenende Fans anzulocken. Mit Konzerten, den Auftritten von Basketball-Stars und der Präsentation neuer Produkte.

© SZ vom 13.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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