Funding Circle:Vorzeige-Start-up in Turbulenzen

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Hinter den Kulissen der Kreditplattform tobt ein heftiger Streit um die richtige Strategie der Firma - Matthias Knecht, ein Mann der ersten Stunde, ist jetzt aus dem Fintech-Unternehmen ausgeschieden.

Von Andrea Rexer, Berlin

Kaum ein anderes Finanz-Start-up hätte es geschafft, eine solche Prominenz bei der Einweihung seiner neuen Büroräume anzulocken: Jens Spahn, Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, fachsimpelte am Donnerstag auf dem Podium mit Gründer Christian Grobe über Regulierung. Im Publikum tummelten sich nicht nur Fintech-Freunde, sondern auch Vertreter der etablierten Banker. Sogar der Vorstand einer Großbank hatte sich auf den Weg in die Berliner Bergmannstraße gemacht, um mit den Gründern auf ihrer Dachterrasse zu feiern. Auch der frühere EZB-Direktor Jörg Asmussen war mit dabei, er sitzt im Aufsichtsrat der Kreditplattform.

Funding Circle ist eines der größten Fintechs der Welt, mit Büros in London und den USA; insgesamt hat die Gruppe mehr als 600 Mitarbeiter. Ihr Geschäft ist es, über das Internet Kredite an kleine und mittelgroße Unternehmen zu vermitteln. 2015 hatte die Plattform mit dem deutschen Fintech Zencap fusioniert, die beiden Gründer Christian Grobe und Matthias Knecht wurden damit Teil des internationalen Managements der Gruppe. So sehr das Start-up aber nach außen glänzt - hinter den Kulissen brodelt es gewaltig.

Jetzt ist Zencap-Gründer Matthias Knecht ausgeschieden. Wie die Süddeutsche Zeitung aus Branchenkreisen erfuhr, ist der Grund dafür offenbar ein Strategiestreit. Knecht hatte sich dagegen gewehrt, die Wachstumsziele für Kontinentaleuropa zusammenzustreichen, im Management-Team von Funding Circle war er für just diese Länder zuständig. Vorstandschef Samir Desai hingegen wollte die knappen Ressourcen lieber in den Ausbau des Geschäfts in Großbritannien und den Vereinigten Staaten stecken. Damit hat sich Desai nun durchgesetzt.

Funding Circle bestätigte das Ausscheiden von Matthias Knecht aufgrund strategischer Differenzen. Nach einem Verkauf sei es natürlich, dass sich die Gründer schrittweise aus dem operativen Geschäft zurückzögen, hieß es aus dem Unternehmen.

2015 hatten Knecht und Grobe ihr Start-up Zencap an Funding Circle verkauft, bis dahin war Zencap Teil der Rocket-Gruppe der Samwer-Brüder gewesen. Zencap war zuvor schon in Deutschland, Spanien und den Niederlanden aktiv und brachte dieses Geschäft bei der Fusion in Funding Circle ein. Allerdings sind die von Berlin aus gesteuerten Aktivitäten deutlich kleiner als jene in den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Knecht übernahm in der neuen Struktur die Funktion des Kontinentaleuropa-Chefs. Für diese Position gibt es bereits eine Nachfolgerin: Panni Morshedi. Sie gilt als Vertraute von Vorstandschef Samir Desai.

Die internen Querelen werfen kein gutes Licht auf das Finanz-Start-up. Problematisch ist insbesondere, dass Knecht einige Personen aus der zweiten Managementebene gefolgt sind, auch sie haben das Unternehmen verlassen. In der Fintech-Szene wird zudem spekuliert, dass Knecht womöglich mit Grobe in einigen Monaten ein anderes Start-up gründen könnte - damit wäre auch ein mittelfristiger Ausstieg von Grobe keine große Überraschung.

Der Streit geht über die reine Personalien hinaus, zeigt er doch, dass auch bei Funding Circle die Ressourcen knapp werden. Der Markt für Crowdlending, wie die Kreditplattformen im Fachjargon heißen, ist hart umkämpft. Während es leicht ist, Kreditnehmer zu werben, tun sich die Plattformen immer schwerer, ausreichend Investoren zu finden.

Das zeigte auch der kürzlich bekannt gewordene Skandal um Lending Club. Deren Gründer, Renaud Laplanche, musste gehen, nachdem er Unregelmäßigkeiten eingeräumt hatte. Es ging dabei um einen nicht offengelegten Interessenskonflikt und die Manipulation von Kreditdaten. Branchenexperten führten den Vorfall darauf zurück, dass Lending Club Schwierigkeiten hatte, große Investoren für seine Kreditpakete zu finden.

Bei Funding Circle gibt es an dieser Ecke zumindest eine gute Nachricht: Gerade ist es dem Fintech gelungen, die Europäische Investitionsbank (EIB) als Investor zu werben. Die Förderbank hat in der vergangenen Woche 100 Millionen Pfund in Kredite der Plattform gesteckt. Auch die deutsche KfW hat bereits bei Funding Circle investiert und ein Kreditpaket guter Bonität gekauft.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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