Freihandel:Wann ein Veto gelten soll

Lesezeit: 1 min

Eine Lehre aus Ceta: Brüssel will Handelsabkommen aufspalten. Die Kommission will so verhindern, dass nationale und regionale Parlamente der EU-Staaten Freihandelsabkommen noch in letzter Minute torpedieren können.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es ist eine Reaktion auf das Gezerre um den Handelspakt mit Kanada (Ceta): Die EU-Kommission will künftige Freihandelsverträge in zwei Teile aufspalten und so verhindern, dass nationale und regionale Parlamente der EU-Staaten die Ratifizierung von Freihandelsabkommen torpedieren können. Im Fall von Ceta hätte das Parlament der belgischen Region Wallonie einen Abschluss des EU-Kanada-Vertrags fast verhindert. Die Brüsseler Behörde will sich eine solche Blamage gegenüber Handelspartnern künftig ersparen.

Freihandelsabkommen werden in der Europäischen Union von der EU-Kommission im Auftrag der Mitgliedsstaaten ausgehandelt. Der Großteil solcher Verträge besteht aus Themen, die in ausschließlicher Kompetenz der EU liegen. Dieser Teil trägt das Etikett "EU only" und wird daher "ungemischt" genannt; er muss vom Europäischen Parlament und Rat ratifiziert werden. Der "gemischte" Teil ist weitaus kleiner, über ihn müssen alle nationalen und regionalen Parlamenten der EU-Staaten abstimmen. Das kann in manchen Ländern mehrere Jahre dauern. Auch deshalb will die Kommission diesen Teil gleich von Anfang an ausgliedern. Der EU-Only-Part könnte so relativ zügig in kraft treten. Dieses angestrebte Verfahren würde voraussichtlich die anvisierten Verträge mit Australien und Neuseeland als erstes betreffen.

Angesichts der nationalistischen Abschottungspolitik von US-Präsident Donald Trump ist die EU entschlossen, sich künftig noch stärker als Verfechter offener Märkte zu positionieren. Die Europäer wollen jene Lücke füllen, welche die USA nach Trumps Abkehr vom Welthandel hinterlassen werden. Zurzeit verhandelt die Europäische Kommission im Auftrag der EU-Staaten etwa 20 Handelsverträge weltweit, darunter mit Ländern wie Singapur und Vietnam. Zuletzt gab es Kritik an der mangelnden Transparenz des geplanten EU-Japan-Abkommens, das die Kommission baldmöglichst abschließen will.

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: