Franken:Europäische Metropolregion

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Wie Fürth, Nürnberg und Erlangen ihre Standortpolitik koordinieren und dabei historisch gewachsene Gräben überwinden.

Von Uwe Ritzer

Der Titel an sich klingt künstlich, bürokratisch und auch ein wenig aufgeblasen: Europäische Metropolregion. Über Deutschland verteilt gibt es elf solcher Reißbrett-Gebilde, in denen seit 1995 Ballungsräume samt ihres ländlichen Umlands zusammengefasst werden. Seit 2005 gehört auch die Nürnberger Metropolregion dazu, mit 3,5 Millionen Einwohnern bevölkerungsmäßig eine der kleinsten. Dafür macht man daraus umso mehr.

Außer den aneinander gewachsenen Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen gehören der größte Teil Frankens, ein winziger Süd-Zipfel Thüringens, sowie die nördliche Oberpfalz dazu. Historisch betrachtet war die Region nie ein einheitliches Gebilde. Sondern Jahrhundertelang ein Fleckerlteppich unterschiedlicher Territorialfürsten und stellenweise streng getrennter konfessioneller Zugehörigkeiten, wo man sich vor allem gegenseitig misstrauisch beäugt hat.

Dass seit elf Jahren 23 Landkreise und elf kreisfreie Städte in der Regionalentwicklung zusammenarbeiten, ist allein schon eine historische Zäsur. Sie tun dies eng verzahnt mit der Wirtschaft vor Ort. Handlungsfelder werden gemeinsam definiert und Vorschläge zur Entwicklung derselben miteinander erarbeitet. "Wir haben einen Zusammenhalt geschaffen, der Kräfte freisetzt, die es so nicht gegeben hat", sagt Klaus Wübbenhorst, ehemaliger Vorstandschef des Marktforschers GfK und heute Sprecher der Wirtschaft in der Metropolregion Nürnberg.

Das Zusammenspiel trägt Früchte. Die größten Städte Nürnberg und Fürth haben ihre Krisen hinter sich gelassen. Noch immer gibt es allerdings innerhalb der Metropolregion Landstriche etwa im Fichtelgebirge, ganz im Norden um Hof oder ganz im Südwesten, deren wirtschaftliche Basis deutlich schwächer ist und wo Menschen nicht zu-, sondern abwandern. Insgesamt aber stimmt die Bilanz.

Wo früher vor allem Eisenbahnlokomotiven und Fernseher, Maschinen und Motoren gebaut wurden, wird heute an Zukunftstechnologien gearbeitet. Die Datev etwa, eines der größten Softwarehäuser Deutschlands, schafft seit Jahren neue Arbeitsplätze und hat mehr als 100 Millionen Euro in einen neuen Campus in Nürnberg investiert. Der Anteil der Akademiker ist in der Metropolregion in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, überhaupt die durchschnittliche Qualifikation der Mitarbeiter. Und was Patentanmeldungen angeht, liegt die Region europaweit mit an der Spitze. Olaf Arndt, der für die Prognos AG die Entwicklung der Metropolregion Nürnberg im vergangenen Jahrzehnt analysierte, spricht von einer "hohen Dynamik in den Kompetenzfeldern".

Vier Themenfelder hat die Metropolregion Nürnberg gerade definiert, die sie in den kommenden Jahren gezielt beackern will: Nachhaltige Energiesysteme, vernetzte Produktion, digitale Gesundheitswirtschaft und intelligente Mobilität. "Es geht darum, diese Handlungsfelder eng zu verzahnen", sagt Wübbenhorst. Etwa das Thema Fahren und Mobilität mit dem IT- und Kommunikationssektor, "weil beides in Zukunft nicht mehr zu trennen ist."

Wobei sich die Metropolregion Nürnberg nicht allein als Zusammenschluss zur Förderung von High-Tech versteht. Zu den 70 Projekten, die in elf Jahren realisiert wurden, gehörten auch kulturelle, gesellschaftliche und soziale Vorhaben. Sie reichen von Symposien über Kunst und Design bis zu Initiativen für Familienfreundlichkeit oder im Gesundheitssektor. Auch eine Allianz gegen Rechtsextremismus gehört dazu. Sie koordiniert und unterstützt Aktionen und Bildungsangebote gegen Rechtsextremismus.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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