Folgen der Finanzkrise:Privatbanken wollen sich doch retten lassen

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Zuerst das Zögern, dann der Sinneswandel: Eine "Schicksalsgemeinschaft" mehrerer Institute plant nach Informationen der Süddeutschen Zeitung den zeitgleichen Antrag auf Bürgschaften des Bundes.

C. Dohmen, T. Fromm, M. Hesse und C. Hulverscheidt

Durchbruch in Sicht bei der Nutzung des staatlichen Rettungsschirms für die Finanzbranche: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sind die führenden Privatbanken des Landes nach längerem Zögern bereit, Bürgschaften des Bundes in Anspruch zu nehmen.

Sitz der Hochfinanz Frankfurt am Main: Mehrere Insitute wollen gemeinsam die Hilfe des Bundes in Anspruch nehmen. (Foto: Foto: dpa)

Erster Antragsteller war am Mittwoch der Münchener Konzern Hypo Real Estate. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte noch Anfang der Woche Kritik an den privaten Geldhäusern geübt. Anders als einige Landesbanken hätten die Institute das 500 Milliarden Euro schwere Rettungspaket des Staates zur Eindämmung der weltweiten Finanzkrise bisher ignoriert.

Mittlerweile gibt es in den Vorständen jedoch offenkundig einen Sinneswandel: Nach Angaben aus Verhandlungskreisen zeichnet sich ab, dass die Institute in den nächsten Tagen gemeinsam beim Bund vorstellig werden und Anträge auf Kreditbürgschaften stellen.

Keiner muss alleine gehen

Damit wäre die Sorge der Konzerne vom Tisch, dass einer von ihnen den ersten Schritt allein gehen muss und dafür mit massiven Kursverlusten an der Börse bestraft wird. Die Regierung, die über die Verhandlungen zwischen den Banken informiert ist, bietet neben Bürgschaften auch frisches Kapital sowie den Aufkauf hochriskanter Wertpapiere an. Im Gegenzug will sie Einfluss auf die Geschäftspolitik der Institute nehmen.

Nach Angaben aus den Kreisen sind in die laufenden Gespräche alle großen Privatbanken einbezogen. Genannt wurden die Commerzbank, die Dresdner Bank und die Postbank. Selbst die Deutsche Bank verhandelt mit, obwohl deren Chef Josef Ackermann jüngst erklärt hatte, er würde sich schämen, Staatsgeld in Anspruch zu nehmen. Mittlerweile ist man aber offenbar auch beim Marktführer zu der Einsicht gelangt, dass zumindest ein gemeinsames Vorgehen bei der Beantragung von Bürgschaften sinnvoll wäre.

In Finanzkreisen war von einer "Schicksalsgemeinschaft" die Rede. Weil die Angst einzelner Institute vor enormen Kursverlusten und Abflüssen aus Kundendepots zu groß ist, müssten alle mitmachen.

Jeder misstraut jedem

Mit den Bürgschaften will der Bund dazu beitragen, dass sich die Banken untereinander wieder Geld leihen. Dieses Geschäft war nach der Pleite der US-Investmenthauses Lehman Brothers zum Erliegen gekommen, weil endgültig jeder jedem misstraute. "Derzeit bringen die deutschen Institute ihr Geld morgens zur Europäischen Zentralbank und holen es abends wieder ab", sagte ein Insider mit ironischem Unterton. Von der Kreditklemme sind auch Institute betroffen, die sich gar keine Fehlspekulationen geleistet hatten und deshalb bisher ganz gut durch die Krise gekommen waren.

Angesichts der anhaltenden Probleme gibt es auch im Lager der Landesbanken neuerliche Bemühungen, eine koordinierte Inanspruchnahme des Rettungspakets hinzubekommen. Der Aufsichtsratschef der WestLB, Michael Breuer, sagte der Süddeutschen Zeitung, er setze sich für eine einheitliche Linie ein. Anders als noch vor einigen Tagen sehe er diesmal gute Chancen für eine konzertierte Aktion.

Bisher haben mit der WestLB, der BayernLB und der HSH Nordbank drei der acht Landesbanken angekündigt, die staatlichen Hilfstöpfe anzuzapfen.

© SZ vom 30.10.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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