Finnland gegen Griechenland:Dann lieber den Fixit

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Finnlands Finanzminister Alexander Stubb. (Foto: Chung Sung-Jun/Getty Images)
  • Finnland vertritt in der Griechenland-Krise eine harte Haltung. Trotz des Durchbruchs beim Euro-Sondergipfel will sich das Land nicht auf ein Ja zu neuen Verhandlungen festlegen.
  • Die finnische Regierung pocht auf die Einhaltung der Euro-Regeln und fordert verschärfte Sparanstrengungen.
  • Der Grund: Das Volk will es so. Außerdem schürt der euroskeptische Koalitionspartner der Regierungspartei die Bedenken der Finnen.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Hängt es jetzt nur noch an den Finnen? Sind sie allein es, die einen Ausweg im griechischen Drama verhindern? Dieser Vorwurf stand am Wochenende in Brüssel im Raum, weshalb ihn Finnlands Finanzminister Alexander Stubb auch ganz schnell zurückwies. Die halbe Euro-Gruppe sei derselben Ansicht, sagte er am Sonntag. Niemand blockiere eine Lösung, "wir versuchen alle eine konstruktive Lösung zu finden." Das hörte sich konzilianter an als in der Nacht zuvor. Da hatte er verkündet, dass sein Land neuer Hilfe für Athen nach jetzigem Stand nicht zustimmen könne.

Finnland vertritt in der Griechenland-Krise eine harte Haltung. Stubb ist damit einer der wichtigsten Verbündeten des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble. Von Beginn an traute Helsinki den Griechen nicht, war skeptisch gegenüber immer weiteren Hilfen. 2012 handelte Finnland ein Pfand von etwa einer Milliarde Euro aus, das die Griechen in Form von Anleihen hinterlegen mussten. Und seither waren es neben Deutschen und Niederländern vor allem die Finnen, die auf die Einhaltung der Euro-Regeln pochten und verschärfte Sparanstrengungen forderten.

Der Grund: Das finnische Volk will es so. In einer aktuellen Yougov-Umfrage warfen 73 Prozent der Befragten der griechischen Regierung vor, selbst schuld an ihren Problemen zu sein. 74 Prozent sprachen sich gegen jegliche weitere Zugeständnisse an Athen aus. Das sind jeweils weit höhere Werte als in Deutschland, Frankreich oder Großbritannien.

"Warum sollen wir für die Verschwender aufkommen?"

Geschürt wurden die Bedenken der Finnen von der Euro-skeptischen Partei Die Finnen und ihrem raubauzigen Anführer Timo Soini, der mehrmals gesagt hat, ein "Grexit" sei besser für alle. "Warum sollen wir für die Verschwender aufkommen?", polterte er 2012. Im April wurde die Finnen-Partei zur zweitstärksten Kraft im Parlament gewählt und Soini stieg zum Außen- und Europaminister auf. Das Programm der neuen Regierung von Premier Juha Sipilä ist unmissverständlich: Ziel ist "ein regelbasiertes, effektives Euro-Gebiet, in dem jedes Mitglied selbst für seine Wirtschaftspolitik verantwortlich ist" - und für seine Schulden. Keinesfalls dürfe es eine Entwicklung hin zu mehr "gemeinsamer Verantwortung" geben.

Finnland hat viel zu verlieren und wenig zu gewinnen von der teuren Rettung eines viele Tausend Kilometer entfernten Landes. Die Wirtschaft ist nicht so stark verwachsen mit dem Euro-Gebiet wie bei den Mitteleuropäern, die Banken sind weniger involviert im Süden. Außerdem hat das Land selbst Probleme nach drei Jahren Rezession. Wegen der Bedrohung durch Russland will Helsinki mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Und außer Japan altert kein Land so schnell. Noch dazu sehen die Finnen, dass es ihren nordischen Nachbarn recht gut geht - ohne Euro. Kein Wunder, dass es schon vor drei Jahren hieß, ein Fixit, also ein finnischer Ausstieg aus dem Euro, sei wahrscheinlicher als ein Grexit.

Allein sind die Finnen in ihrer kompromisslosen Haltung nicht

Die finnische Regierung agiert in Brüssel am kurzen Zügel des Parlaments. Die Verhandlungslinie wird ihr bis ins Detail von einem Ausschuss vorgegeben, in dem 25 der 200 Abgeordneten sitzen. Mit diesem Ausschuss hatte Finanzminister Stubb denn auch am Samstag konferiert, bevor er zunächst einmal Nein zu den Vorschlägen aus Athen sagte. Um Stubb möglichst stark unter Druck zu setzen, drohte sein Ministerkollege Soini offenbar sogar mit dem Ende der Koalition. Belastet wird sie auf jeden Fall. Finnland gehört zu den Ländern, deren Parlamente neue Verhandlungen mit Athen erst billigen müssen.

Allein sind die Finnen tatsächlich nicht mit ihrer kompromisslosen Haltung. Schützenhilfe kommt von den Balten, die heftig sparen und leiden mussten in den vergangenen Jahren. Sie sehe im Moment keine Möglichkeit, den Griechen Geld zu geben, sagte die lettische Premierministerin Laimdota Straujuma im Deutschlandfunk. Die durchschnittlichen Renten in Lettland seien deutlich geringer als die der Griechen. Mehr als humanitäre Hilfe sei da nicht drin.

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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