Ferrostaal:Ganz wackelige Geschäfte

Lesezeit: 2 min

Nun wird auch gegen Ferrostaal-Chef Mitscherlich ermittelt - wegen Untreue. Der arabische Mehrheitseigner an der Firma wird nervös.

Hans Leyendecker und Caspar Busse

Wirtschaft, sagte Matthias Mitscherlich noch Ende vergangenen Jahres, sei zu großen Teilen auch Psychologie. Es wäre nicht schlecht, wenn sich mehr Wirtschaftsführer damit befassen würden, meinte der 61-Jährige, Vorstandsvorsitzender der Ferrostaal AG und Sohn des bekannten Psychoanalytiker-Paars Alexander und Margarete Mitscherlich. Inzwischen muss sich Mitscherlich mit neuen Feldern beschäftigen, mit der Psyche deutscher Staatsanwälte und arabischer Investoren.

Nach SZ-Informationen aus Justizkreisen hat die Staatsanwaltschaft München nun auch gegen den Ferrostaal-Chef, bis Ende 2009 auch MAN-Vorstand, ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue eingeleitet.

Gesellschafter werden nervös

Zudem wird die amerikanische Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton mit Ermittlungen in der Korruptionsaffäre von Ferrostaal beauftragt. Die Anwälte waren auch schon für Siemens tätig. In der kommenden Woche will sich der Ferrostaal-Aufsichtsrat dann zu einer außerordentlichen Sitzung treffen, um die neue Lage zu beurteilen. Die Tage Mitscherlichs an der Unternehmensspitze sind möglicherweise gezählt.

Angesichts der sich ausweitenden Korruptionsaffäre um den Essener Anlagenbauer - es geht um angebliche Bestechung etwa in Portugal, Argentinien oder Kolumbien - werden die Ferrostaal-Gesellschafter nervös. Groß sei die Unruhe besonders beim Mehrheitsaktionär, der International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi, heißt es in deren Umfeld.

Die Araber halten 70 Prozent an Ferrostaal, die übrigen 30 Prozent liegen beim MAN-Konzern. Anfang 2009 hatten die Münchner nach langen Verhandlungen die Mehrheit an der Traditionsfirma an die Investoren vom Golf abgegeben. Der Anlagenbauer hatte bereits den Zusatz MAN aus dem Namen gestrichen, firmiert seit Ende 2009 nur noch unter Ferrostaal, um Unabhängigkeit zu demonstrieren.

Eigentlich wollte IPIC bis Mitte 2010 auch die übrigen 30 Prozent an Ferrostaal kaufen. Doch daraus dürfte so schnell nichts werden. "Die Bereitschaft der Araber, alle Anteile zu übernehmen, ist derzeit sehr gering," heißt es. Die Investoren aus Abu Dhabi seien angesichts der Korruptionsvorwürfe und des ungewissen Ausgangs des Ermittlungsverfahrens "irritiert". Offenbar werden bei IPIC zwei Varianten diskutiert. Möglich wäre zum einen die Übernahme des 30-Prozent-Paketes zu einem deutlich niedrigeren als dem vereinbarten Preis. Damit könnten mögliche Schadenersatzforderungen und Kosten aus der Korruptionsaffäre, die Vorgänge aus MAN-Zeiten betrifft, ausgeglichen werden.

Brückkopf der Araber in Deutschland

Zum anderen sei auch eine Rückabwicklung des gesamten Geschäftes denkbar, heißt es. Das sei aber nicht möglich, teilt dazu MAN mit. Es gebe keine entsprechenden Klauseln in den Verträgen mit IPIC, das Geschäft rückgängig zu machen, teilte MAN-Finanzvorstand Frank Lutz auf der Hauptversammlung in der vorvergangenen Woche mit. Die übrigen 30 Prozent an Ferrostaal seien IPIC bereits angedient worden, MAN warte nun auf Antwort. Welcher Preis im ursprünglichen Vertrag vereinbart wurde, ist offen. Insgesamt hatte das Geschäft ein Volumen von 700 Millionen Euro.

Die Beteiligung an Ferrostaal galt ursprünglich als Brückenkopf der Araber in Deutschland. Es war auch eine der ersten großen Mehrheitsübernahmen deutscher Unternehmen. Erst in dieser Woche hatte auch die Schiffbaugruppe Abu Dhabi Mar den Kauf der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss von Thyssen-Krupp perfekt gemacht. Arabische Investoren hatten sich zuletzt auch an Daimler oder VW beteiligt. Ende März hatten Staatsanwälte und Kriminalbeamte die Ferrostaal-Zentrale und Büros durchsucht wegen des Verdachts auf Korruption. Der MAN-Konzern war ebenfalls von einer Bestechungsaffäre betroffen und zahlte ein hohes Bußgeld. Ferrostaal machte zuletzt einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro mit 4400 Mitarbeitern.

© SZ vom 17.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: