Ferrostaal: Korruptionsaffäre:Teurer Rat aus den USA

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Die US-Kanzlei Debevoise & Plimpton ermittelte bereits bei Siemens - und soll nun wohl im Korruptionsfall Ferrostaal prüfen.

Hans Leyendecker

Die amerikanische Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton soll möglicherweise mit Ermittlungen bei dem in eine Korruptions-Affäre verstrickten Essener Konzern Ferrostaal AG beauftragt werden. Dies wurde am Freitag aus Kreisen des Unternehmens bekannt.

Die amerikanische Kanzlei war bereits im Korruptionsfall Siemens aktiv und hatte für ihre Untersuchungen von dem Weltkonzern mehr als 200 Millionen Euro erhalten.

Die intensiv geführten Diskussionen über den möglichen Sondereinsatz von Debevoise in Essen zeigen ein Dilemma, in das Unternehmen heutzutage bei Korruptionsverdacht geraten können: Staatsanwaltschaften erwarten volle Kooperation und die Unternehmen fürchten den Rufschaden durch Ermittlungen.

Im vergangenen Jahr war die Münchner Staatsanwaltschaft I im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen bei MAN, der einstigen Mutterfirma von Ferrostaal auf verdächtige Vorgänge gestoßen. Die Münchner Ermittler durchsuchten im Juli 2009 die Ferrostaal-Zentrale.

120 Millionen Euro Strafe

Sie hatten den Verdacht, dass in Zusammenhang mit dem Bau von Hochseeschleppern Schmiergeld eingesetzt worden war. Vier Verdächtige wurden festgenommen. Die Durchsuchungen lösten in Essen viel Unruhe aus. Inzwischen liegt eine Anklage vor. Der Fall soll vor dem Augsburger Landgericht verhandelt werden.

Zwar war die Firma schon vor der Durchsuchung selbst auf Unregelmäßigkeiten bei dem Schlepper-Geschäft gestoßen und hatte sich auch von einem langjährigen Mitarbeiter getrennt, doch die Münchner Strafverfolger stehen im Ruf, einer Sache auf den Grund zu gehen. Auch drangen sie darauf, dass Ferrostaal 120 Millionen Euro Geldbuße zahle. Der Siemens-Konzern hatte etwa 600 Millionen Euro Geldbuße gezahlt.

"Für was sollen wir zahlen?", soll der Ferrostaal-Vorstandsvorsitzende Matthias Mitzscherlich gefragt haben. Die Staatsanwälte forderten dann die Manager des Anlagenbauers auf, mit der Strafverfolgungsbehörde zu kooperieren. Unter der Leitung einer Düsseldorfer Kanzlei wurde nach dem Siemens-Vorbild eine sechzigköpfige Ermittlungskommission gegründet, die seit dem 14.September 2009 insgesamt zehn Projekte prüfte.

Inzwischen liefen schon neue Ermittlungen

Es ging unter anderem um den Verkauf von U-Booten nach Griechenland, um ein großes Projekt in Oman oder den Bau eines Kraftwerks in Venezuela. Die Prüfungen waren recht aufwendig. Ferrostaal hat bislang schon eine zweistellige Millionensumme an die Prüfer gezahlt.

Vor kurzem erhielt die Münchner Staatsanwaltschaft einen 800 Seiten umfassenden Bericht von Ferrostaal mit mehr als zehntausend Seiten Anhang. Was die Prüfer nicht wussten: Inzwischen liefen schon Vorermittlungen wegen eines neuen Korruptionsverdachts: Fünf verdächtige Projekte. Es ging nicht um Oman, nicht um Venezuela, nicht um Griechenland.

Wieder kreuzten Staatsanwälte in Essen auf. Sie verhafteten zwei Manager und leiteten etliche Ermittlungsverfahren ein. Die Unruhe ist erneut groß. Die Staatsanwaltschaft bemängelte intern die mangelnde Kooperation; ähnlich argumentieren auch einige Mitglieder des besorgten Aufsichtsrats. So kommt dann Debevoise ins Spiel.

© SZ vom 10./11.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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