Touristik: Öger Tours verkauft:Nina Öger - die Liebe war stärker als das Geld

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Touristik-Chef Vural Öger und seine Tochter mussten sich fürs Geschäft erst zusammenraufen, doch die Nachfolge innerhalb der eigenen Familie galt als ausgemachte Sache. Es kommt alles anders.

Kristina Läsker

Nun hat er sich doch getrennt. Erst Ende Mai hatte Vural Öger beteuert, dass er sein Lebenswerk lieber behalten wolle, als es unter Wert zu verschleudern.

Haben sich anfangs regelrecht gefetzt: Vural Öger und seine Tochter Nina. (Foto: bildextern)

Monatelang hatte der Gründer von Öger Tours darum gefeilscht, seine Firma abzutreten. Erst mit dem russischen Milliardär Alexander Lebedew, dann mit Thomas Cook. "Alle großen Reisekonzerne haben mich in den letzten Jahren angesprochen", sagt der Diplom-Ingenieur. Immer wieder ist der Verkauf am Preis gescheitert; jetzt erst will der Einzelkämpfer loslassen.

Zu gering sei zum Schluss die Rendite des Unternehmens gewesen; zu groß der Einsatz, sagt der 68-Jährige. "Ich möchte nicht mehr in dem Tempo weiterarbeiten wie bisher, ich möchte es ruhiger angehen lassen." Jahrelang hatte es danach ausgesehen, dass seine Tochter Nina Öger ihn beerbt. Doch vor einem Jahr verlagerte die Juniorchefin ihren Lebensmittelpunkt nach Istanbul - der Liebe wegen - und kümmert sich seither um die Geschäfte vor Ort. Vural Öger musste die Nachfolgewünsche aufgeben.

"Ich habe schon auf sie gebaut", sagte er, und es klingt wehmütig.

Er und seine Tochter treten nun als Geschäftsführer zurück, Vural Öger zieht in den Aufsichtsrat der deutschen Thomas Cook ein. Gemeinsam wollen sie sich künftig um die in der Familie verbleibenden Firmen kümmern, darunter der Anbieter Öger Türk Tur GmbH und die Agentur Holiday Plan.

Für ihn sei wichtig, dass die Marke und der Standort Hamburg erhalten bleiben, sagt Öger. Doch er wird als Aufsichtsrat künftig zuschauen müssen, wie Mitarbeiter entlassen werden. Thomas Cook will durch den Kauf jedes Jahr acht Millionen Euro einsparen.

Vural Öger gilt als Deutschlands erfolgreichster türkischer Einwanderer. 1961 kam er nach Deutschland, lernte die Sprache und studierte Hüttenwesen und Bergbau in Berlin. Seinen Erfolg verdankt er einer Autopanne; 1969 blieb er in Hamburg auf der Durchreise liegen. Dort stellte er fest, dass es von Hamburg aus keinen einzigen Direktflug in die Türkei gab; dabei lebten 30.000 Türken in der Hansestadt. Öger legte los: Er bot Charterflüge für türkische Gastarbeiter in ihre Heimat an. "Ich habe als Pionier im Massentourismus angefangen."

Heute ist Öger Tours der siebtgrößte deutsche Touristikkonzern; doch leicht war der Aufstieg nicht. 1996 stürzte ein gechartertes Birgenair-Flugzeug mit 189 Passagieren ab. Doch Öger Tours überlebte diese Vertrauenskrise. Zuletzt betreute die Gruppe etwa 400.000 Passagiere. Der Fokus lag stets auf der Türkei, auch als diese noch nicht als Reiseland boomte.

Wenn die Fetzen fliegen

Seit sechs Jahren führt Öger seine Firma gemeinsam mit Tochter Nina. Am Anfang mussten sich beide erst zusammenraufen: "Da flogen manchmal die Fetzen", verriet die 1974 in Hamburg geborene Chefin einmal.

Schon früh hatte Öger die Tochter an die Aufgaben herangeführt und bot ihr Jobs an. Als Schülerin lebte Nina Öger bei der Mutter in Marburg, die Eltern waren getrennt. In den Ferien jobbte sie beim Vater. Später ließ Öger die Tochter als Stewardess mitfliegen und setzte sie an den Schalter am Flughafen.

Nach einen Studium für internationale Betriebswirtschaft stieg die ehrgeizige Frau 1999 in der elterlichen Firma ein und durchlief alle Abteilungen. Nach einem Jahr Babypause kam sie 2003 zurück und kümmerte sich um das Tagesgeschäft. Bislang war Nina Öger - Mutter einer siebenjährigen Tochter - eine der wenigen Frauen an der Spitze eines Touristikkonzerns.

Vural Öger wird wohl auch nach dem Rückzug kaum pausieren. "Ich bin kein Mensch, der in der Ferne unter der Palme liegt und ein Buch liest", sagt er. Vielleicht geht er auf Reisen, nach Kathmandu hätte er immer schon gewollt, sagt er. Oder nach Nepal. Oder aber er geht zurück in die Politik. Im Jahr 2002 war er der SPD beigetreten, bis 2009 saß er fünf Jahre lang im Europäischen Parlament.

© SZ vom 13.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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