Ex-Arcandor-Chef:Middelhoff tingelt durch die Talkshows

Lesezeit: 1 min

Der frühere Vorstandsvorsitzende der Arcandor AG Thomas Middelhoff vor der Kanine des Oberlandesgerichts in Hamm. (Foto: dpa)

Der Ex-Arcandor-Chef und Häftling bekommt für seine kuriosen PR-Auftritte Freigang. Doch das Geld dafür geht nicht an seine Gläubiger - sondern offenbar in die USA.

Von Uwe Ritzer

Fast drei Jahre lang war nichts mehr von ihm zu hören, wenngleich nach wie vor viel über ihn geredet wurde. Doch nun ist Thomas Middelhoff, 64, Deutschlands umstrittenster Ex-Spitzenmanager, wieder da. Obwohl er noch immer die im November 2014 gegen ihn verhängte dreijährige Haftstrafe verbüßt, tingelt er eifrig durch TV-Talkshows. Auch auf der laufenden Frankfurter Buchmesse wird er einen großen Auftritt haben. Oder zumindest das, was er dafür hält.

Für seine PR-Auftritte nimmt Middelhoff Urlaub vom Knast, der ihm als Freigänger der JVA Bielefeld-Senne zusteht. Eine eigene Internetseite hat er neuerdings ebenfalls, ausgesuchten Medien gibt er auch Interviews. Er bewirbt auf diese Art sein Buch, das von seiner Zeit im Essener Gefängnis handelt, die ihn - so seine Lesart - schwer krank gemacht haben soll. Fast gleichzeitig ist ein weiteres Buch erschienen, jedoch nicht von ihm, sondern über ihn. Genauer gesagt handelt es vom "Absturz des Starmanagers" und zeichnet ein wesentliches distanzierteres Bild von Middelhoff.

Middelhoff gibt sich als Fürsprecher aller Häftlinge in Deutschland

Das öffentliche Tamtam, das Deutschlands redseligster Knacki auslöst, sieht die Justiz in Nordrhein-Westfalen nicht gerne, doch verhindern will oder kann sie es auch nicht. Wobei die Darstellungen des Justizministeriums und jene von Middelhoff über seine tatsächlichen Haftbedingungen weit auseinanderklaffen. Der Ex-Manager schwingt sich derweil selbst kurzerhand zum Fürsprecher aller Häftlinge in Deutschland, deren Situation er verbessern will.

Letztendlich ist das ein bizarres Schauspiel. Denn Middelhoff ist nicht nur Strafgefangener, sondern auch pleite. Offiziell jedenfalls. Denn Insolvenzverwalter Thorsten Fuest arbeitet sich seit zwei Jahren zwar konsequent, aber auch mühsam durch ein verworrenes Konstrukt, in dem Middelhoffs Vermögen rechtzeitig vor der Insolvenz verschwunden ist.

Aktuell hat Fuest ein weiteres Problem: Die Buch- und TV-Honorare Middelhoffs stehen eigentlich dessen Gläubigern zu, die mehr als 400 Millionen Euro von ihm verlangen. Doch angeblich soll Middelhoff die Rechte für sein in den Bestsellerlisten angekommenes Buch bereits 2012 an eine amerikanische Gesellschaft abgetreten haben. Die Frage ist nur: Woher wusste er bereits 2012, dass er Ende 2014 verurteilt werden und 2017 ein Buch über seine Zeit im Knast veröffentlichen würde?

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusThomas Middelhoff
:Der redseligste Knacki Deutschlands

Der Häftling Thomas Middelhoff gibt sich bescheiden, tingelt aber auf Freigang durch die Talkshows. Seine Gläubiger warten weiter auf ein Wort der Reue oder Geld von dem Ex-Manager. Sie wollen 400 Millionen Euro von ihm.

Von Uwe Ritzer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: