EU-Gipfel zur Abwicklung maroder Banken:Zahlensalat zum Dinner

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Die EZB überwacht zwar Banken mit ordentlichen Bilanzen - doch was passiert mit den maroden Instituten? Zentralbanker Draghi will beim Dinner auf dem EU-Gipfel in Brüssel Europas Regierungschefs überzeugen, sich endlich über eine Abwicklung zu einigen. Die Zeit drängt.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

Zum Dinner während des EU-Gipfels an diesem Donnerstag in Brüssel dürfte auch schwer verdauliche Kost gereicht werden. Am Tisch wird Mario Draghi sitzen, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), und wie bereits am Mittwoch bekannt wurde, will Draghi den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen reden: Sie sollen sich endlich auf die Modalitäten zur Abwicklung maroder Banken einigen.

Im Herbst 2014 will die EZB die Aufsicht über die Geldhäuser der Euro-Zone übernehmen, und da sie nur solche beaufsichtigen darf, deren Bilanzen in Ordnung sind, muss bis dahin klar sein, was mit den Banken passiert, die nicht überlebensfähig sind und abgewickelt werden müssen. Zudem muss klar sein, woher das Geld dafür kommen wird.

Die Zeit drängt. Im Mai 2014 wird ein neues Europaparlament gewählt und anschließend eine neue EU-Kommission gebildet. Was im Herbst 2014 gelten soll, muss also bis zum Frühling 2014 den gesamten europäischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen haben.

An seiner Seite hat Draghi einen einflussreichen Unterstützer. Herman Van Rompuy, der EU-Ratspräsident und Gipfelorganisator, will Staatspräsidenten, Premierminister und Kanzler dazu bringen, sich bereits in der Abschlusserklärung des Treffens darauf zu verpflichten, bis Ende des Jahres alles Grundsätzliche zur Abwicklung von Banken zu vereinbaren, also sowohl den Mechanismus zur Schließung nebst Reihenfolge der Haftung als auch den Aufbau eines Fonds.

Entsprechende Gesetzesvorschläge liegen vor, allerdings sind die Verhandlungen der Mitgliedstaaten darüber festgefahren. Wie unmittelbar vor Beginn des Gipfels aus dem Umfeld Van Rompuys zu erfahren war, wird während des Abendessens auch über die von Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch bekannt gewordenen Ideen zur Abwicklung kranker Banken beraten werden. Merkel hat auf informeller Basis einen Kompromiss ausarbeiten lassen, auf dessen Grundlage sich die Chefs bis Ende des Jahres einigen könnten.

Zentraler Punkt ist, dass die nationalen Parlamente einer Abwicklung zustimmen müssen, bei der Staatsgeld verwendet werden soll. In deutschen Regierungskreisen hieß es dazu, man versuche, sich konstruktiv in die Diskussion einzubringen. Die rote Linie der Bundesregierung sei klar: Es könne nicht sein, dass europäische Entscheidungen das nationale Haushaltsrecht aushebeln. Merkel plane am Rande des Gipfels zahlreiche bilaterale Treffen mit ihren europäischen Kollegen. Übereinstimmend hieß es in Brüssel und Berlin, der EU-Gipfel solle eine politische Empfehlung geben und einen Zeitplan beschließen, Details sollten später von den Finanzministern ausgearbeitet werden.

Diplomaten aus verschiedenen europäischen Hauptstädten reagierten am Mittwoch zurückhaltend auf die deutschen Ideen. Man habe keine neuen Vorschläge aus Berlin erhalten, hieß es aus dem Umfeld des französischen Staatspräsidenten François Hollande. Dies sei ja auch nicht möglich, weil es noch keine neue Bundesregierung gebe. Paris sei aber zuversichtlich, dass man sich einigen werde. Schließlich habe man auch im vergangenen Jahr, als es um die zentrale Aufsicht über die Banken der Euro-Zone ging, "aus einer Hauptstadt" einigen Widerstand gespürt. Diese habe am Ende aber eingelenkt. Die französischen Diplomaten spielten auf die damalige Weigerung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an, die gesetzliche Grundlage für die Aufsicht der EZB über die Banken zu akzeptieren.

Ähnlich entspannt wie die Franzosen reagierten die Briten. London habe keinen neuen Vorschlag aus Berlin gesehen, was aber nichts zu bedeuten habe. Es sei immer noch möglich, sich bis Ende Dezember auf gemeinsame Modalitäten zur Abwicklung der Banken zu einigen. In Europa sei es ja immer so, dass erst im allerletzten Moment entschieden werde, sagte ein Spitzendiplomat.

© SZ vom 24.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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