Erste Zahlen nach Börsengang:Rocket verspricht viel - und verrät wenig

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Oliver Samwer bleibt konkrete Zahlen zum Gesamtgeschäft von Rocket Internet zwar schuldig - verspricht aber weitere Expansion. (Foto: Boris Roessler/dpa)
  • Zum ersten Mal seit seinem Börsengang legt der Berliner Start-up-Förderer Rocket Internet Zahlen vor.
  • Im ersten Halbjahr haben zumindest die großen Töchter des Unternehmens mehr eingespielt und sind profitabler geworden.
  • Zuletzt hatte die Rocket-Aktie von positiven Analysten-Kommentaren profitiert, nachdem sie zwischenzeitlich rund 20 Prozent eingebrochen war.

Von Varinia Bernau

Bescheidenheit ist nicht seine Sache: Er wolle Rocket Internet zur führenden Internetplattform außerhalb des strahlenden Silicon Valleys und des aufstrebenden Chinas machen, so warb Oliver Samwer, ehe er seine Beteiligungsgesellschaft an die Börse brachte. Den Verlusten und Risiken, die in dem dicken Prospekt aufgelistet waren, setzte er sein Versprechen entgegen: "Die besten Zeiten von Rocket kommen erst noch."

Nun, sechs Wochen später, hat sich die Berliner Start-up-Schmiede erstmals in die Bilanz blicken lassen. Und Samwer gab weitere Versprechen: 2015 will Rocket Internet zehn neue Start-ups auf den Weg bringen.

Keine eigenen Geschäftszahlen

Die Rocket-Internet-Aktie ist bislang nur im Entry Standard notiert. In diesem Börsensegment gelten weniger strenge Regeln, sodass Rocket Internet keine eigenen Zahlen vorlegen musste, sondern nur für ein Dutzend größerer Start-ups unter ihren Beteiligungen. Diese werden bei Rocket "Proven Winners" genannt. Im ersten Halbjahr, so rechnete Samwer vor, hätten sie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum jene Summe, die Internethändler durch Verkäufe über ihre Website einspielen, etwas mehr als verdoppelt.

Diese größeren Beteiligungen hätten sich dabei auch als profitabler erwiesen: Die Marge, also das, was unterm Strich von jedem Verkauf in der Kasse bleibt, hätte sich im Schnitt zum zwölf Prozentpunkte verbessert. Solche Zahlen klingen zunächst einmal gut. Allerdings kann ein Start-up, das quasi von null startet, eben auch schneller zulegen als ein etablierter Konzern. Ein Beweis dafür, dass sich die Sache auch auf lange Sicht rechnet, ist das nicht.

Die Rocket-Firmen, die im Schnitt erst zwei Jahre alt sind, schreiben hohe Verluste. Darauf ist das Geschäft der Holding ausgelegt: Rocket gibt Gründern Geld, Büroräume, Erfahrungen und gute Kontakte, um ihre Idee schnell umzusetzen und in verschiedene Länder zu bringen. Im Gegenzug gibt es Anteile an den aufstrebenden Unternehmen.

Aktie legt zu

Beim Börsengang vor sechs Wochen stieß das Modell zunächst auf Skepsis: In den ersten Tagen nach Handelsbeginn sackte der Kurs um 20 Prozent ab, die begleitenden Banken mussten die Aktie sogar stützen. Doch in der vergangenen Woche legte die Aktie deutlich zu, nachdem mehrere Analysten eine Empfehlung ausgesprochen hatten.

Die Analysten des Finanzdienstleisters Citigroup schrieben etwa: "Der Wert von Rocket liegt nicht allein darin, neue Anbieter in neue Regionen zu bringen. Sich einen entscheidenden Zugang zu den Geldbörsen der Kundschaft in den Schwellenländern zu sichern, ist zweifelsohne von Wert. Und es bietet deutliches Potenzial für zukünftige Wertschöpfung, etwa durch bislang unerschlossene Wege wie Big Data, Bezahldienste oder Werbung."

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Expansion ins Reise-Geschäft

Und so setzt Rocket Internet auch weiterhin ganz auf Expansion: Neben den Bereichen Essen, Möbel und Kleidung, in denen die Start-ups aus dem Rocket-Reich die etablierten Händler bereits angreifen, setzt die Holding nun auch auf den lukrativen Reisemarkt.

Mit Travelbird lassen sich in verschiedenen europäischen Ländern sowie in Marokko Städtereisen im Paket buchen. Bei Traveloka gibt es einzelne Bausteine wie Flüge oder Hotels, bislang allerdings nur in Asien. Samwer verwies darauf, dass gerade dort eine wachsende Mittelschicht die Lust aufs Reisen entdeckt. Mit dem Internet verändert sich auch die Art, diese zu buchen und zu organisieren.

In Afrika hat Rocket Internet seine Anbieter zudem in sieben neue Länder gebracht, im asiatischen Raum in sechs weitere. Das gesamte Netzwerk hat derzeit etwa 25 000 Beschäftigte und damit etwa 4500 mehr als noch zur Mitte dieses Jahres.

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