Einzelhandel:Jetzt soll Sigmar Gabriel helfen

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Tengelmann und Edeka beantragen eine Ministererlaubnis, um den geplanten Deal doch noch durchzubringen. Die Erfolgsaussichten sind aber gering.

Von Caspar Busse, München

Eigentlich wäre die Frist erst am kommenden Montag ausgelaufen. Doch bis zur letzten Minute wollten die Beteiligten dann doch nicht warten. Am Mittwochnachmittag gaben die beiden Supermarktketten Tengelmann und Edeka bekannt, dass sie das Veto des Bundeskartellamts gegen ihre Fusionspläne nicht hinnehmen wollen und in Berlin eine Ministererlaubnis für den Zusammenschluss beantragen.

"Wir sind überzeugt, dass die tatsächlichen gesamtwirtschaftlichen Vorteile unseres Fusionsvorhabens die rein wettbewerbsrechtlichen Kritikpunkte des Bundeskartellamtes weit überwiegen", begründete Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub den Schritt. Haub will seine Tegelmann-Filialen an Edeka verkaufen und sich damit endgültig aus dem Supermarkt-Geschäft zurückziehen. Doch so einfach ist das nicht: Denn das Bundeskartellamt hat erheblich Bedenken gegen das Geschäft und hat den Deal Anfang April untersagt. Nun kämpfen die Beteiligten darum, die Transaktion doch noch zu retten. Eine Beschwerde beim Oberlandesgericht in Düsseldorf wäre eine Möglichkeit, doch die dauert erfahrungsgemäß lange. Das Geschäft hätte auch noch mal aufgeschnürt werden können, doch das ist zu kompliziert. Deshalb kommt jetzt der Antrag auf eine Ministererlaubnis. Der Wirtschaftsminister könnte die Entscheidung der Kartellwächter also aufheben. Ob das Erfolg haben wird, ist offen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte bereits deutlich gemacht, dass er sich über das Votum der Wettbewerbshüter nicht hinwegsetzen will. "Eine Ministererlaubnis steht für uns nicht zur Debatte", hatte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums gesagt.

Der Minister muss nun innerhalb von vier Monaten entscheiden. Es wird geprüft, ob gesamtwirtschaftliche Vorteile oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit schwerer wiegen als die Bedenken der Kartellwächter. Dafür holt Gabriel wohl eine Stellungnahme der Monopolkommission ein. Auch werden die Unternehmen und Landesbehörden angehört.

Tengelmann argumentiert vor allem damit, dass es um rund 16 000 Arbeitsplätze in den 451 Tengelmann-Filialen gehe. Haub sagt, sie könnten "nur mit der Fusion umfassend gesichert werden". Andernfalls wären die Jobs gefährdet. Manche fürchten sonst schon einen zweiten Fall Schlecker, die Pleite der Drogeriemarktkette hatte zum Verlust tausender Arbeitsplätze geführt. Ob dieses Argument allerdings das Wirtschaftsministerium beeindruckt, ist zweifelhaft. Das Bundeskartellamt hatte argumentiert, durch den Zusammenschluss würde der Wettbewerb bei Supermärkten erheblich beeinträchtigt, insbesondere in einigen Großstädten wie München. Edeka ist schon heute der mit Abstand größte Lebensmittelhändler Deutschlands, gefolgt von der Schwarz-Gruppe (Lidl), Rewe und Aldi.

Anträge auf Ministererlaubnisse sind in Deutschland sehr selten. Nur etwas mehr als 20 solcher Eingaben gab es in den vergangenen 40 Jahren - und von diesen waren auch nur wenige erfolgreich. Im Jahr 2002 zum Beispiel wurde so die Fusion von Eon und Ruhrgas durchgewunken, wenn auch mit Auflagen. Der bekannteste Fall war der Kauf des Rüstungs- und Flugzeughersteller MBB durch den Autobauer Daimler-Benz im Jahr 1989. Auch dieser wurde nur unter Auflagen durchgewunken. Viele andere Fälle wurden wegen Aussichtslosigkeit zurückgezogen.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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