Ehe für alle:Das ändert sich für homosexuelle Paare

Welche Folgen hat die Entscheidung des Bundestages aus rechtlicher Sicht? Und wo sind Schwule und Lesben bereits gleichgestellt? Ein Überblick.

Von Felicitas Wilke

Als sich Heinz-Friedrich Harre und Reinhard Lüschow am 1. August 2001 im Alten Rathaus von Hannover das Ja-Wort gaben und damit die erste eingetragene Lebenspartnerschaft Deutschlands eingingen, hatten sie weit weniger Rechte als heterosexuelle Eheleute. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen die Lebenspartnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare näher an die Ehe herangeführt, aber eine Ehe eingehen durften homosexuelle Paare weiterhin nicht. Genau das ändert sich nun. Aber was folgt daraus aus rechtlicher Sicht? Und welche Rechte haben gleichgeschlechtliche Paare schon jetzt? Ein Überblick:

Wo sind Schwule und Lesben bereits gleichgestellt?

Seit 2005 gelten für gleichgeschlechtliche Lebenspartner beim Unterhalt und Rentenanspruch die gleichen Rechte und Pflichten wie für Eheleute. Genau wie Verheiratete haben gesetzlich eingetragene Lebenspartner gegenseitig Unterhaltsansprüche und können Hinterbliebenenrente erhalten, wenn der Lebenspartner stirbt. Geht die Beziehung in die Brüche, findet wie bei Eheleuten ein Versorgungsausgleich statt. Beim Erbrecht und Steuerrecht haben eingetragene Lebenspartner inzwischen ebenfalls die gleichen Ansprüche wie Eheleute. Im Mai 2013 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass verpartnerte Schwule und Lesben steuerlich nicht schlechter gestellt werden dürfen als Verheiratete. Seitdem können sie vom umstrittenen Ehegattensplitting profitieren.

Auch vor Gericht oder im Krankenhaus haben Schwule und Lesben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die gleichen Rechte wie Eheleute. So können sie vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen und vor Gericht die Aussage verweigern, wenn diese dem Partner schaden könnte.

Was ändert sich durch die Ehe für alle?

Der wesentliche noch bestehende Unterschied zwischen der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft zeigt sich im Adoptionsrecht: Bislang darf nur einer von beiden Lebenspartnern ein fremdes Kind adoptieren; der zweite kann das Kind erst im Nachhinein als das eigene annehmen. "In der Praxis ist diese Sukzessivadoption mit deutlich mehr Aufwand verbunden", sagt Rechtsanwalt Markus Wehner aus der Kölner Kanzlei Hasselbach. In Zukunft können homosexuelle Paare von Beginn an gemeinsam ein Kind adoptieren. Bereits seit 2005 können Schwule und Lesben im Rahmen der Lebenspartnerschaft das leibliche Kind ihres Partners als eigenes annehmen.

Müssen Schwule und Lesben jetzt noch mal zum Standesamt?

Das hängt davon ab, ob sie es bei ihrer eingetragenen Lebenspartnerschaft belassen oder sie diese zu einer Ehe aufwerten wollen. Wer heiraten möchte, muss noch mal zum Standesbeamten - ansonsten bleibt alles, wie es ist. Durch den Beschluss des Bundestages haben gleichgeschlechtliche Paare, die sich künftig das Ja-Wort geben wollen, allerdings keine Wahl zwischen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft und der Ehe. Es gibt dann nur noch die Ehe - für alle.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: