EADS: Arnaud Lagardère:Investor wider Willen

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Medienmanager Arnaud Lagardère möchte seine Anteile am Luftfahrtkonzern EADS verkaufen. Doch vor den französischen Präsidentschaftswahlen 2012 wird daraus nichts.

Jens Flottau und Michael Kläsgen

Arnaud Lagardère hat zum Jahresbeginn etwas Kurioses geschafft. Er hat etwas Selbstverständliches gesagt und damit ziemlich viele Menschen ins Grübeln gebracht. Diese Menschen, vornehmlich Manager und Wirtschaftspolitiker in Frankreich und Deutschland, überlegen sich gerade, wie er das denn neulich gemeint haben könnte in dem Interview mit der Pariser Zeitung Le Figaro.

Arnaud Lagardère hat wegen seiner Beteiligung an EADS eine Schlüsselrolle in der deutsch-französischen Wirtschaftspolitik inne. (Foto: Reuters)

Der Chef der großen französischen Mediengruppe hatte in dem Gespräch, fast in einem Nebensatz, darauf hingewiesen, dass er 2012 den Verwaltungsratsvorsitz beim europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS übernehmen will. Eine Selbstverständlichkeit ist das insofern, als der Schritt seit knapp vier Jahren feststeht. Damals einigten sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf, die bis dahin übliche deutsch-französische Doppelspitze bei dem politisch bedeutsamen Konzern abzuschaffen und durch ein System der Rotation zu ersetzen. Fünf Jahre lang sollte ein Deutscher den Verwaltungsrat leiten - derzeit Daimler-Finanzvorstand Bodo Uebber - und dafür ein Franzose (Louis Gallois) dem Vorstand vorstehen. 2012 sollte ein Franzose, schon damals zeichnete sich Lagardère als wahrscheinlichster Kandidat ab, an die Spitze des Aufsichtsgremiums rücken und ein Deutscher den Vorstandschef machen - den meisten Anzeichen nach Airbus-Chef Thomas Enders.

Zwei Fragen also drängen sich dennoch auf: Warum meldet Arnaud Lagardère seinen Anspruch so früh an, eineinhalb Jahre vor dem geplanten Wechsel, und warum tut er das überhaupt?

Der 49-Jährige spielt seit Jahren eher ungewollt eine Schlüsselrolle bei EADS und in der deutsch-französischen Wirtschaftspolitik. Eigentlich interessiert sich Arnaud Lagardère ja vor allem für sein Medienunternehmen, bei dem er derzeit unter großem Druck steht. Andererseits hat ihm sein Vater, Jean-Luc Largardère, nach seinem Tod 2003 auch eine Beteiligung an der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie vererbt. Der alte Lagardère war ein Flugzeug-Freak und sowohl einer der Väter des Airbus A380 als auch von EADS. Sohn Arnaud interessiert sich nicht für die Fliegerei, aber er muss. Denn dummerweise vertritt er nicht nur die Interessen seiner Lagardère-Gruppe, die 7,5 Prozent an EADS hält, sondern auch indirekt die des französischen Staates. Schließlich leitet Lagardère die Sogéade, in dem der Staat und das Medienunternehmen seine EADS-Aktien bündelt. Die Gruppe hält zusammen 22,46 Prozent an EADS und damit genauso viel wie Daimler und ein Bankenkonsortium auf deutscher Seite.

Seit Jahren ist klar, dass Lagardère gerne seine EADS-Anteile verkaufen würde, es aber aus politischen Gründen vorerst nicht kann. In Frankreich stehen im Frühjahr 2012 Präsidentschaftswahlen an. Sarkozy steht für einen starken Einfluss des Staates auf die Wirtschaft und kann im Vorfeld eine Debatte über den Einfluss bei EADS nicht brauchen. Insofern bedarf die Aussage, 2012 wolle er an die Spitze des Verwaltungsrats rücken, einer kleinen Übersetzung. Die lautet: Ich werde vor der Wahl nicht verkaufen.

Die Aussage ist damit weniger an das interne EADS-Publikum gerichtet, sondern an die französische Politik. Auch auf die deutsche Seite müsste die Stellungnahme alles andere als wie die Eröffnung eines neuen Machtkampfes bei dem Konzern wirken, sondern als die Bestätigung dafür, dass sich vorerst gar nichts ändern wird an der Balance.

Und Lagardère? Seine eigenen Anteilseigner fordern einen höheren Aktienkurs, mehr Dividende und eine klare Strategie. Bis auf die Dividende ist Lagardère bisher den Wünschen nicht nachgekommen. Das nervt vor allem den wortgewaltigsten Mann unter den Anteilseignern: den Franko-Amerikaner, Guy Wyser-Pratte.

Vor knapp einem Jahr kam es bei der Aktionärsversammlung von Lagardère zu einem Kräftemessen zwischen dem jungen Firmenerben und dem Mann, der sein Vater sein könnte. Wyser-Pratte will Lagardère eine andere Gesellschaftsform aufzwingen. Das Unternehmen ist eine Kommanditgesellschaft auf Aktien und damit eine Festung. Arnaud hält daran weniger als zehn Prozent, er kann aber alles bestimmen. Lagardère ist seit geraumer Zeit dabei, Minderheitsbeteiligungen abzustoßen. Die Tochter Matra Automobile verkaufte er bereits, ebenso wie die Beteiligung an Le Monde. Am Online-Dienst der Zeitung hält Lagardère hingegen fest. Zum Verkauf stehen dafür der Anteil an Pay-TV Canal Plus und am Verlagshaus Amaury. Bis Ende Januar will Lagardère zudem den Bereich internationale Zeitschriften, darunter Elle, an den US-Medienkonzern Hearst veräußern. Lagardère will zwei Milliarden Euro einnehmen, die er ins Internet und ins Sportmarketing investieren will. Auch die Aktionäre sollen etwas davon abbekommen - über eine höhere Dividende.

© SZ vom 11.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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