Deutsche Post:Gelber Gehilfe im Internet

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Eifrig sucht die Post nach neuen Geschäftsmodellen, mit denen der Rückgang des Briefverkehrs kompensiert werden kann. Jetzt hat sie da eine Idee.

Caspar Dohmen

Vorstand Jürgen Gerdes, 45, soll für die Post ein existentielles Problem lösen: Womit verdient der Konzern künftig sein Geld, wenn die Verbraucher immer häufiger Mails statt Briefe schreiben?

Geht es nach der Post, dann werden Firmen, Bürger und Behörden schon bald elektronische Dokumente und Briefe über ein Mailingsystem des Bonner Konzerns austauschen. (Foto: Foto: dpa)

Die Lage ist ernst - derzeit sinkt die Briefmenge jährlich um drei Prozent. Gerdes, der bei der Post das Briefgeschäft verantwortet, setzt nun auf den elektronischen Brief. Geht es nach ihm, dann werden Firmen, Bürger und Behörden schon bald elektronische Dokumente und Briefe über ein Mailingsystem der Post austauschen.

Teilnehmen kann hier nur derjenige, der sich zuvor identifiziert hat. Wenn das geschehen ist, kommt zum Beispiel die Rechnung des Stromversorgers oder Arztes über das Mailingsystem des Postkunden, bezahlen kann er bequem per Mausklick.

Erstmals hatte Gerdes den elektronischen Brief im Juli vorgestellt. Über Details will er Ende dieser Woche die Öffentlichkeit informieren. Im ersten Quartal 2010 möchte die Post nach SZ-Informationen mit diesem neuen Service starten. Eine zentrale Funktion sieht Gerdes in einem Bezahlsystem für Verlage, damit will er viele Kunden zur Post locken.

Der Weg zu Paid Content?

Auch den Verlagshäusern will Jürgen Gerdes jetzt bei einem Problem helfen: In der Branche zerbrechen sich viele die Köpfe, wie sich mit den Online-Angeboten ihrer Zeitschriften und Zeitungen Geld verdienen lässt. Die Werbeeinnahmen fließen bislang spärlich und decken nur selten die Kosten für die journalistische Arbeit und die Technik.

Derzeit denken daher viele Verlage über Paid Content nach, also über Modelle, bei denen neben Gratistexten im Internet auch Qualitätsinhalte gegen Gebühr abrufbar sind (wie etwa beim Wall Street Journal). Was sich abzeichnet, ist ein interessanter Umschwung in der Netzkultur: Die radikalste Abkehr von der Gratismentalität erklärte der Medienunternehmer Rupert Murdoch, der die Internetangebote aller seiner Titel kostenpflichtig machen möchte und sogar den Zugang der Suchmaschine Google zu seinen Zeitungen blockieren will.

Bisher hat allerdings noch kein Verlag eine brauchbare Lösung präsentiert, wie die Leser daran gewöhnt werden könnten, Geld für Inhalte zu geben. Ein weiteres Problem ist die Art, wie Kunden im Internet auf sichere Weise bezahlen können. Diskutiert werden in der Branche Abomodelle oder Micropayment.

Hier setzt nun Gerdes an: Nach seiner Idee klicken Leser künftig einen Artikel auf der Website eines Verlages an und erhalten diesen dann umgehend via Online-Brief der Post zugeschickt. Zuvor müssen Kunden allerdings bei der Post bezahlen, die wiederum eine Gesamtabrechnung mit den einzelnen Verlagen durchführen würde. Vorteilhaft an dieser Methode könnte sein, dass Kunden keine Kreditkarte benutzen müssen. Davor scheuen viele Verbraucher aus Angst um die Sicherheit ihrer Daten zurück.

Elektronischer Kiosk

Beim elektronischen Brief wäre dies anders: Die Post würde dem Kunden eine Rechnung schicken, das Geld vom Konto abbuchen oder über seine Handyrechnung kassieren. Offen ist noch, für welche Variante sich die Post entscheidet. Schon heute verfügt das Unternehmen über Erfahrung mit elektronischen Bezahlsystemen. So können Kunden digitale Briefmarken kaufen. Dazu identifizieren sie sich über ihr Mobiltelefon und erhalten dann einen Zahlencode zugeschickt, den sie auf den Brief oder die Postkarte schreiben. Gerdes denkt nun auch an einen elektronischen Kiosk, in dem die Verlage auch Artikel aus den gedruckten Zeitschriften sowie Abos ihrer Titel anbieten könnten.

Der Post-Vorstand hat seine Pläne kürzlich bei einem Geschäftsführertreffen des Zeitschriftenverlegerverbandes VDZ in Hamburg präsentiert. Die Resonanz sei positiv gewesen, heißt es in Teilnehmerkreisen. Vertreten waren die Verlage Gruner+Jahr, Axel Springer, WAZ-Gruppe und Spiegel-Gruppe. Bei dem Treffen des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger zu Wochenbeginn in Berlin sind die Postpläne ebenfalls Thema. Allerdings gibt es auch andere Unternehmen wie etwa Google, die Bezahlsysteme etablieren wollen. Zudem arbeiten in Deutschland weitere Firmen an sicheren Mail-Systemen. So führt die Telekom derzeit mit anderen Unternehmen ein Pilotprojekt in Friedrichshafen durch.

© SZ vom 17.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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