Deutsche Bank:Zurück nach Hause

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In großer Not erinnert sich die Deutsche Bank wieder an ihre Wurzeln. Sie verabschiedet sich zumindest zum Teil aus dem Zockergeschäft.

Kommentar von Marc Beise

Nun ist es beinahe 17 Jahre her, dass die Deutsche Bank nach Amerika aufbrach. Unter dem damaligen Vorstandssprecher Rolf Breuer kündigten die Deutschen am 24. November 1998 den Kauf der amerikanischen Investmentbank Bankers Trust an. Jetzt sind die Chefs des Hauses nun sozusagen wieder heimgekehrt - allerdings um viele enttäuschte Hoffnungen reicher. Der neue Chef John Cryan, ausgerechnet ein Brite, der bisher in der internationalen Hochfinanz zu Hause war, legte am Donnerstag in Frankfurt am Main ein Bekenntnis zum Standort Deutschland ab.

Die Großbank, die über viele Jahre so stolz darauf gewesen war, als einziges deutsches Geldhaus in der internationalen Oberliga zu spielen und die ihr Geld vor allem in London, New York und Hongkong verdient hat: In großer Not erinnert sie sich an ihre Wurzeln. Nicht mehr Big Money soll das Geschäft prägen, nicht immer ausgefeiltere Wertpapiere sollen Milliardenumsätze garantieren - sondern ganz bescheiden der einzelne Kunde soll im Vordergrund stehen, ob er eine Einzelperson oder ein Unternehmen ist. Das ist fast eine epochale Kehrtwende, die einiges aussagt über diese Bank, aber noch mehr über die Welt insgesamt.

In großer Not erinnert sich das Institut an seine Wurzeln

Die Deutsche Bank setzt auf Deutschland, weil der internationale Höhenflug grandios gescheitert ist. Im weltweiten Finanzgeschäft hat das Institut sich gewaltige Kosten und dramatische Risiken aufgehalst, die zu miserablen Geschäftszahlen führten. Und zugleich ist der Wirtschaftsstandort Deutschland attraktiver geblieben, als so mancher gefühlte Weltbürger in den Banktürmen sich das einst gedacht hat. Was auch damit zusammenhängt, dass die deutsche Wirtschaft derzeit in einer fast beängstigend guten Verfassung ist.

Der deutsche Mittelstand produziert mit Hochdruck, und auch die Konzerne mögen weltweit Geschäfte machen - aber sie tun gut daran, ihre Basis in Deutschland zu halten. Gleiches hat jetzt auch die Deutsche Bank erkannt. Sie verabschiedet sich zumindest teilweise aus dem Zockergeschäft und buhlt stattdessen wieder um den deutschen Kunden. Sie kann hier Bodennähe zeigen, die ausländische Investmentbanken so nicht zeigen können. Und sie ist zugleich immer noch so international, wie es eine Sparkasse und selbst die wenigen anderen Privatbanken nicht sind. Zu ihrem Pech kann die Bank dabei aber keineswegs aus dem Vollen schöpfen. Sie muss gleichzeitig sparen, Netzwerke kappen, Manager kündigen, ihre IT erneuern - und neues Geschäft machen. Eigentlich ist das ein fast unmögliches Projekt.

Es kann, wenn überhaupt, nur gelingen, wenn man sehr geduldig Schritt für Schritt vorgeht - und dabei immer glaubwürdig ist, man muss wohl sagen: wieder glaubwürdig wird. Aber wie das mit der Glaubwürdigkeit so ist - sie ist schnell zerstört und sehr langsam wieder hergestellt. Jetzt, in diesen Tagen, wird das Fundament gelegt. Die ersten Steine sitzen, aber viele müssen noch folgen. Und mit jedem Stein wächst die Gefahr neuer Fehler.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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