Deutsche Bank:Milliarden für die Seidenstraße

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Die Deutsche Bank will mit der China Development Bank drei Milliarden Euro für das Prestigeprojekt zur Verfügung stellen.

Von Christoph Giesen und Meike Schreiber, Frankfurt/Peking

Erst wenige Wochen ist es her, dass der chinesische Mischkonzern HNA zum größten Einzelaktionär der Deutschen Bank aufgestiegen ist. Nun wartet das größte deutsche Geldhaus mit einer weiteren Nachricht auf, die seine enge Verbindung zu China untermauert: Zusammen mit der China Development Bank (CDB) will die Deutsche Bank in den kommenden fünf Jahren insgesamt drei Milliarden für Projekte der Initiative "Neue Seidenstraße" zur Verfügung stellen, teilte die Deutsche Bank am Mittwoch mit. Dabei gehe es etwa um gemeinsame Kredite und Projektfinanzierungen, hieß es.

Dass die Initiative just zum Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Deutschland verkündet wurde, ist wohl kein Zufall. Denn man könnte auch sagen: Die Deutsche Bank hilft künftig kräftig mit, den globalen Anspruch der Chinesen zu untermauern. Deren Plan ist ehrgeizig: Statt Brücken, Flugplätze und Schnellbahntrassen in China zu bauen, soll in der Ferne betoniert werden. Um das zu finanzieren, legte die Regierung in Peking bereits 2014 einen Seidenstraßen-Fonds mit 40 Milliarden Dollar auf. Geld soll auch von der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) kommen. Die Entwicklungsbank war im Oktober 2014 unter chinesischer Führung gegründet worden, auch Deutschland beteiligte sich dran.

Ein dritter möglicher Geldgeber ist die New Development Bank der sogenannten Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) mit Sitz in Shanghai. Doch auch deren Mittel reichen bei Weitem nicht aus, denn in den kommenden zehn Jahren könnten mehr als eine Billionen Dollar in Infrastrukturprojekte fließen. Die größten Geldgeber dürften deshalb vor allem die chinesischen Staatsbanken werden.

Aber auch international wirbt Chinas Führung um Finanziers. Ein nicht immer leichtes Unterfangen: Denn viele der Projekte sind in Ländern angesiedelt, die bereits mehrere Staatsbankrotts hinter sich haben. Doch wer käme für den Schaden auf, wenn ein Land etwa in Zentralasien einen Kredit nicht mehr bedienen kann? Allzu hohe Risikoaufschläge sind von der chinesischer Seite zudem nicht vorgesehen, das würde die Projekte wohl verhindern. Die einzige Möglichkeit für ausländische Geldgeber: Sicherheiten aus China. Internationale Banken wären dann vor allem deshalb dabei, um das Prestige der Seidenstraßen-Initiative in Europa zu unterstreichen, ihr ein Gütesiegel zu geben. Gleichzeitig können die Partnerbanken ihr China-Geschäft weiter befördern. Deal für Deal.

Für die Volksrepublik ist die Kooperation wohl eine Art Gütesiegel für ihre Geschäfte

Dazu muss man wissen, dass Deutschland dem Seidenstraßen-Projekt kritisch gegenübersteht. Die Bundesregierung wünscht sich mehr Transparenz. Die Furcht in Berlin: Am Ende bauen chinesische Firmen, mit chinesischen Arbeitern und chinesischem Geld die Projekte. Ausschreibungen, wer das beste Angebot vorlegt, gibt es bislang noch nicht. Beim Seidenstraßen-Gipfel Mitte Mai wollten die EU-Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, ein entsprechendes Bekenntnis zur Transparenz in die Abschlusserklärung aufgenommen wissen, die chinesischen Gastgeber lehnten das ab. Die EU-Vertreter, mit Ausnahme Ungarns, verweigerten daraufhin ihre Zustimmung für das Kommuniqué. Bei der Deutschen Bank hofft man daher, dass die Zusammenarbeit auch europäischen Firmen den Zugang zu den Projekten erleichtern wird. "Die Deutsche Bank ist stolz darauf, seit Langem eine einzigartige Rolle bei der Vernetzung der chinesischen und europäischen Wirtschaftsräume zu spielen", ließ sich Asien-Vorstand Werner Steinmüller zitieren. Dem Vernehmen nach bemüht sich die Bank derzeit auch um eine Genehmigung, sogenannte Panda-Anleihen platzieren zu dürfen. Mit diesen Anleihen können sich ausländische Unternehmen Yuan leihen.

Dass die Initiativen direkt etwas mit dem neuen Großaktionär der Bank zu tun haben, wird in den Frankfurter Doppeltürmen zwar bestritten. Es ist aber durchaus denkbar. Anfang des Jahres war der chinesische Mischkonzern HNA aus der Provinz Hainan mit drei Prozent bei der Bank eingestiegen und hatte seinen Anteil jüngst auf knapp zehn Prozent erhöht. Insgesamt ist das Aktienpaket bei einem Kurs von gut 16 Euro rund 3,4 Milliarden Euro wert - eine Summe, die chinesische Investoren derzeit nur mit staatlicher Billigung im Ausland investieren können. Das Land leidet unter Kapitalflucht und hat die Ausfuhr von Devisen streng reglementiert. Angesichts der staatlichen Prokura agiert HNA damit quasi wie ein Staatsfonds, glauben viele in der europäischen Finanzbranche.

Ein Indiz dafür ist auch die Art und Weise, wie HNA den Kauf der Deutsche-Bank-Aktien finanziert hat. Das Geldhaus hatte HNA als neuen "langfristigen Ankerinvestor" verkauft, der am steigenden Aktienkurs und der "starken Marke" der Bank interessiert sei. Wie eine Meldung an die US-Börsenaufsicht SEC zeigt, hat HNA jedoch sowohl größere Kursrisiken als auch Kurschancen jenseits eines Kurses von 21 Euro mit Hilfe der Schweizer Großbank UBS abgesichert, die für den Kauf zudem Kredit gegeben hat. Ein Hinweis, dass für die Chinesen weniger der Aktienkurs von Belang ist, sondern eher andere Dinge: Zugang zu Wissen, Einfluss - und vor allem Finanzierungen.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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