Deutsche Bank:Mails und mehr

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Spiegelbild der Deutschen Bank in Frankfurt. „Maximale Transparenz“, lautet dort jetzt die Losung. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Im Zusammenhang mit umstrittenen Cum-Ex-Geschäften liefert die Deutsche Bank den Ermittlern Informationen.

Von Klaus Ott, München

Es war ein Desaster für die Deutsche Bank. Die Polizei fuhr in Mannschaftswagen vor, durchsuchte die Konzernzentrale in Frankfurt und beschlagnahmte umfangreiches Material. Fotos von dem spektakulären Einsatz gingen um die Welt. Das Geldinstitut hatte es versäumt, in einem Verfahren um Steuerhinterziehung beim Handel mit Verschmutzungsrechten (CO₂-Zertifikaten) den Behörden rechtzeitig Auskunft zu geben. Zum Verdacht von Geldwäsche und Steuerdelikten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro kam der Vorwurf der versuchten Strafvereitelung hinzu. So geschehen im Dezember 2012.

Vor wenigen Wochen zeigte sich: Die Deutsche Bank kann auch anders. Abgesandte des Instituts übergaben bei einem Treffen in Köln der dortigen Staatsanwaltschaft umfangreiches Material. Weitere Lieferungen sind offenbar vorgesehen. Es ist die wohl größte Menge an Zahlen, Mails und anderen Informationen, die ein Geldhaus den Ermittlern im größten deutschen Steuerskandal mit Namen Cum-Ex bislang überließ. Daten über riesige Aktiengeschäfte, bei denen Papiere mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende im Kreis bewegt wurden. Mit solchen Deals haben Banken und Börsenhändler nach Schätzung von Steuerfahndern den Fiskus um mehr als zehn Milliarden Euro betrogen.

Jede neue Information hilft den Ermittlern, fehlende Puzzleteile zu finden

Möglicherweise hat sich der Frankfurter Finanzkonzern von denen, die in die Staatskasse gegriffen haben, benutzen lassen. Und liefert nun das Material, das anderen Instituten zum Verhängnis werden könnte. Die Deutsche Bank bestätigt die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden. Man komme "allen Auskunfts- und Herausgabeverlangen von Staatsanwaltschaften nach". Vor fünf Jahren, unter dem alten Vorstand und bei den CO₂-Zertifikaten, war das noch ganz anders gewesen. Doch jetzt ist Offenheit angesagt.

Mit ihrer geräuschlosen Datenlieferung setzt die Deutsche Bank andere Institute unter Druck, die sich bislang schwer tun, mit den Behörden zu kooperieren. Die bislang wenig mitteilen über die Cum-Ex-Aktiendeals, die mutmaßlich nur einen Zweck hatten: Sich die bei diesen Geschäften die auf Dividendenerlöse fällige Kapitalertragsteuer mehrmals erstatten zu lassen. Einmal an den Fiskus zahlen, von diesem aber mehrmals kassieren.

Staatsanwälte in Köln, Düsseldorf, Frankfurt, München und Stuttgart durchleuchten mehr als hundert Banken und andere Finanzfirmen, die in diese Deals verwickelt sein sollen. Gegen rund hundert Bank-Manager, Börsenhändler und deren Helfer wird ermittelt. Eine erste Anklage liegt vor, es geht dabei um Geschäfte der Hypo-Vereinsbank (HVB) in München. Die HVB hat als erstes Institut im Fall Cum-Ex reinen Tisch gemacht und alles offengelegt. Nun überlässt die Deutsche Bank den Behörden offenbar noch mehr Daten, als wertvolle Zeugin der Kölner Staatsanwaltschaft. Mit großem Schwung ermittelt auch die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, die einen etwas anderen Blick auf das Geldinstitut hat.

Der Verdacht: Die Deutsche Bank habe Cum-Ex-Akteuren falsche Steuerbescheinigungen ausgestellt. Habe ihnen bestätigt, Steuern abgeführt zu haben, obwohl dies nicht der Fall war. Mit solchen Bescheinigungen konnten Banken und Börsenhändler die Steuer vom Fiskus zurückfordern - mutmaßlich ein Fall von Betrug. Die Deutsche Bank hat in den vergangenen Monaten derartige Bestätigungen im Wert von rund 40 Millionen Euro nach vielen Jahren zurückgezogen. Das war der erste Schritt. Jetzt folgen Daten über Aktiendeals in Milliardenhöhe. Was aber ist mit JP Morgan und Morgan Stanley, mit Barclays und HSBC, mit UBS und BNP Paribas und all den vielen weiteren Instituten, bei denen Staatsanwälte und Steuerfahnder wegen Cum-Ex-Geschäften ermitteln?

Nach Erkenntnissen der Ermittler haben Banken vielfach an den mutmaßlichen Steuerbetrügereien verdient. Indem sie selbst Börsenpapiere auf diese Weise handelten. Oder indem sie als Depotbanken für die riesigen Aktienpakete agierten, die dafür notwendig waren. Oder schlicht als Dienstleister. Wie auch immer. Jeder neue Datensatz hilft den Ermittlern, fehlende Puzzleteile zu finden. Für etliche Geldinstitute könnte das sehr teuer werden. Auch wenn es bei den von den Deutschen Bank auf Anforderung der Behörden überlassenen Informationen Monate dauern dürfte, das alles aufzuarbeiten.

Gegen Beschäftigte der Bank wird nicht ermittelt. Wohl aber bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt gegen zwei Ex-Manager der Niederlassung in London, die zu einem Luxemburger Unternehmen gewechselt waren. Diese Firma wiederum war nach Erkenntnissen der Behörden in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Wegen Geschäften des Luxemburger Unternehmens war die Deutsche Bank Mitte 2015 durchsucht worden. Weitere Razzien sind nicht nötig. Der Frankfurter Finanzkonzern bringt die Cum-Ex-Daten lieber selbst zu den Behörden. Maximale Transparenz ist nun die Devise.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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