Deutsche Bank:Kopflos durch die Führungskrise

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Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt: Der Chef steht vor der Ablösung - aber es fehlt ein Kandidat. (Foto: dpa)

Wer soll das Finanzinstitut in die Zukunft führen? Im Konzern herrscht Unruhe - und der Aufsichtsratschef schweigt. Damit steht sogar die Rolle als global tätige Universalbank in Frage.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Wenn Paul Achleitner jetzt aus dem Urlaub zurückkehrt, beginnt die intensivste Zeit des Jahres. Noch sieben Wochen bleiben bis zur Hauptversammlung der Deutschen Bank, und die dürfte in diesem Jahr wieder ziemlich unruhig werden, denn die Investoren haben die Geduld mit dem Management der Bank verloren. Über Ostern sind verfrüht Achleitners Kandidaten für die noch vakanten Posten im Aufsichtsrat bekannt geworden - und als Vorsitzender des Kontrollgremiums muss er nun auch noch eine Führungskrise verantworten: Während er einen Nachfolger für Bankchef John Cryan suchen lässt, machte dieser per Mitarbeiterbrief deutlich, dass er nicht freiwillig abtreten wird.

Der Bruch zwischen den beiden langjährigen Weggefährten trat damit offen zutage, während Achleitner noch in den peruanischen Anden weilte. Eine zügige Lösung ist nicht in Sicht. Stattdessen: allerhand ungelöste Probleme, öffentliche Spekulationen, Unruhe in der Bank. Und Achleitner, der schon in dieser Woche zu Gesprächen mit Investoren verabredet ist, schweigt.

Cryan muss nach drei Jahren immer noch oft um Geduld bitten

Im Sommer jährt sich Cryans Amtsantritt zum dritten Mal. Der 57-Jährige war mehrere Jahre Aufsichtsratsmitglied der Bank gewesen, als Achleitner den Briten 2015 als Nachfolger des glücklosen Duos Anshu Jain und Jürgen Fitschen präsentierte. Cryan kam als Aufräumer, er sollte sich um die angestauten Altlasten kümmern, teure Rechtsfälle, die marode IT, die schwachen Erträge und zu hohen Kosten. Ein Mann für den Übergang, ein detailversessener Arbeiter, der eine Basis schaffen sollte, um an alte Erfolge anzuknüpfen. Doch nach drei verlustreichen Jahren bleibt Cryan noch immer nichts anderes übrig, als bei jeder Gelegenheit um Geduld zu bitten.

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"Unsere Ziele sind ehrgeizig, aber die Zahlen sind noch nicht da, wo wir alle sie uns wünschen", schrieb er jetzt in einer Mail an alle Mitarbeiter. So ähnlich klingt der Bankchef, in dessen Amtszeit sich der Aktienkurs halbierte, schon lange. Zu lange für einige einflussreiche Investoren. Und zu lange für Achleitner, der Cryan offenbar nicht mehr zutrauen mag, mit der aktuellen Strategie einer global tätigen Universalbank wieder erfolgreich zu sein.

Anders ist nicht zu erklären, warum so viele vertrauliche Gespräche Achleitners mit möglichen Kandidaten für die Konzernspitze bekannt wurden. Der Spiegel berichtet von Unterredungen des Chefkontrolleurs mit Jürg Zeltner, der bis Ende 2017 in der Konzernleitung der Schweizer Bank UBS das Geschäft mit reichen Privatkunden leitete. Er hatte zuvor Karriere als Chef der UBS Deutschland gemacht und ging, als die Aussichten auf den Posten des Bankchefs in Zürich schwanden. Ob jemand, der die Deutsche Bank nicht von innen kennt, deren Strategieproblem besser lösen könnte als Cryan, bleibt fraglich.

Achleitner hat sein Wunschpersonal für den Aufsichtsrat bereits gefunden

Außer Frage steht nun, dass Cryan seinen bis Ende 2019 laufenden Vertrag nicht mehr erfüllen wird. Dazu ist er jetzt zu schwer beschädigt. Zwar heißt es, die Gespräche seien in einem frühen Stadium, und offizielle Verhandlungen habe es noch nicht gegeben. Aber Achleitners Schweigen zeigt, dass er Cryan nicht mehr stützt - und bereit ist, sich unter Zugzwang zu setzen. Denn um seine Handlungsfähigkeit zu beweisen, muss er für den unbeliebten Job bald jemanden präsentieren.

Für den Aufsichtsrat hat Achleitner sein Wunschpersonal schon gefunden: Unter anderem sollen die frühere Managerin der US-Firma IHS Markit, Michele Trogni, und die Ex-Morgan-Stanley-Bankerin Mayree Clark nominiert werden. Für Diskussionen sorgen dürfte Wall-Street-Veteran John Thain. Der einstige Chef der Investmentbank Merrill Lynch blieb in Erinnerung, nachdem er 2007, vor der Finanzkrise, 80 Millionen Dollar verdient hatte. Im Jahr darauf ging Merrill Lynch unter und wurde an die Bank of America verscherbelt.

Manche Investoren verlangten von Achleitner, sich endlich zu äußern: "Warum ist von Achleitner nichts zu hören?", zitierte etwa Reuters einen Großaktionär. In den anstehenden Gesprächen werden sie einiges von ihm hören. Aber wohl noch keine Lösungen.

© SZ vom 03.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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