Deutsche Bank:"Es war normal, teuren Wein mitzubringen"

Lesezeit: 3 min

Werner Steinmüller, neuer Asien-Vorstand des Instituts, über Korruption, die Beschäftigung von Kindern reicher Chinesen und Unternehmensregeln.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Geldwäsche in Russland, Hypothekenschwindel in den USA, Steuertrickserei im Heimatmarkt: Die Deutsche Bank hat in den vergangenen Jahren bekanntlich kaum einen Skandal ausgelassen. Viele fragen sich seither: Ist das größte deutsche Geldhaus nicht nur zu groß, um pleitegehen zu können, sondern auch zu kompliziert, um ordentlich geführt zu werden?

Das treibt auch Werner Steinmüller um, der vergangenen Sommer als erster Asien-Vorstand in das oberste Führungsgremium der Bank aufgerückt ist. Die vierzehn Länder, für die er nun zuständig ist, gelten zwar als Wachstumsmärkte, sind aber auch anfällig für Korruption oder Geldwäsche. Dass sich die Bank dort keine teuren Fehltritte mehr erlaubt, dafür tritt er persönlich ein. "Früher haben wir Regelverstöße nicht immer konsequent bestraft", sagte Steinmüller der Süddeutschen Zeitung. Es ist sein erstes Interview in neuer Funktion. Zuvor war der 62-Jährige viele Jahre für das Zahlungsverkehrsgeschäft zuständig. "Dass Regeln eingehalten werden, ist eines meiner wichtigsten Ziele", sagte er. Deshalb arbeite er auch in Hongkong. "Wenn ich aus Frankfurt heraus Asien betreue, bin ich nicht so nahe dran an kritischen Themen." Seit der Finanzkrise hat das Geldhaus viele Milliarden Euro an Strafen für krumme Geschäfte gezahlt. Das soll sich nicht wiederholen.

Der Manager muss vierzehn Länder unter Kontrolle halten

Zugleich ist die Bank dringend auf Erträge angewiesen. Weil aber Europa kaum noch wächst und in den USA die Konkurrenz immer stärker wird, hofft Konzernchef John Cryan nun - wie viele Banken weltweit - auf Erfolge in Asien. In China, Japan, Indien und vielen anderen Ländern berät die Deutsche Bank reiche Kunden bei der Vermögensverwaltung, aber auch Firmen bei Übernahmen oder dem Zahlungsverkehr. 2015 erwirtschafteten die Frankfurter in Asien 4,7 Milliarden Euro Ertrag, was rund 15 Prozent des Konzernertrages entspricht. Unter dem Strich blieb ein Vorsteuergewinn von 1,5 Milliarden Euro.

Eine Nachricht per SMS schicken? Das geht bei der Deutschen Bank bald nicht mehr, zumindest nicht mit dem Diensthandy. Denn SMS und andere Kommunikationsapps lassen sich schlecht archivieren, heißt es dazu. (Foto: imago)

Compliance-Regeln wirklich einzuhalten, ist dabei überlebenswichtig für die Bank. "China hat ein großes Problem mit nicht versteuertem Geld und Bestechungsgeld", sagt Bankenexperte Wolfgang Reittinger von der Frankfurt School of Finance and Management. Da der Staat nun massiv gegen Korruption vorgehe, versuchten viele Menschen, das Geld aus dem Land zu schaffen und im Ausland anzulegen. Die Aufseher griffen bei Geldwäscheverdacht hart durch. Immerhin: Steinmüller hat beobachtet, dass auch die chinesischen Banken sehr viel vorsichtiger geworden sind, was die Regeln anbelangt. "Früher war es normal, einen teuren Wein als Aufmerksamkeit mitzubringen, dem konnte man sich nicht entziehen. Heute sind auch asiatische Unternehmen zurückhaltender", sagte er.

Die großen Auslandsbanken hingegen waren lange Zeit ganz und gar nicht zurückhaltend. Bis vor Kurzem war es bei großen Investmentbanken gängige Praxis, die Kinder einflussreicher Chinesen zu beschäftigen. "Prinzlinge" wurden sie genannt; sie sollten die Anbahnung von Geschäften erleichtern. Den US-Behörden blieb das Gebaren nicht verborgen: Seit 2013 untersucht die US-Börsenaufsicht SEC Verdachtsfälle bei Goldman Sachs, Citigroup, Morgan Stanley, Credit Suisse - und auch bei der Deutschen Bank. Als erstes Institut wurde vergangenen November die US-Investmentbank JP Morgan Chase zu einer Strafe von 264 Millionen Dollar verdonnert. Das Verfahren gegen die Deutsche Bank läuft noch, zeigt aber wohl Wirkung: "Das Thema Prinzlinge ist in China so gut wie vorbei", sagte Steinmüller. Praktikanten würden streng überprüft. "Wenn es Kinder von Politikern sind, wird es schwierig, die einzustellen. Wir wollen bei solchen Themen nicht mehr angreifbar sein."

Dazu muss der Manager jedoch vierzehn Länder unter Kontrolle halten. Statt sich wie in anderen Regionen auf bestimmte Länder zu konzentrieren, bleibt die Bank in Asien fast überall präsent. China, Hongkong und Singapur seien die Schlüsselmärkte. Überall dort will man mit den "existierenden Kunden und mit den existierenden Produkten" mehr Geschäft machen, skizzierte Steinmüller seine neue Strategie. Das jedoch ist kein Selbstläufer, kann die Bank doch weder Kunden mit Kampfkonditionen locken noch Mitarbeiter mit überzogenen Boni halten. Schließlich wird der Konzern für 2016 wohl deutlich weniger Bonus zahlen können.

Hinzu kommt, dass nur wichtige Posten neu besetzt werden und dass während der Vertrauenskrise 2016 nicht nur Kundengelder verloren gingen, sondern auch viele Manager gegangen sind. Steinmüller wird daher manches Mal einknicken, wenn nun der Bonus ausgezahlt wird. "Wenn ein Mitarbeiter eine gute Leistung bringt, die extrem wichtig ist für uns, dann honorieren wir das auch", sagte er.

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: