Deutsche Bank:Die Zehn vor dem Komma

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So erfreuliche Botschaften haben die geplagten Aktionäre der Deutschen Bank lange nicht mehr erlebt: Das Geldinstitut verdient im zweiten Quartal mehr als erwartet. Der Aktienkurs steigt prompt an.

Von Meike Schreiber, Jan Willmroth, Frankfurt

So erfreuliche Botschaften haben die geplagten Aktionäre der Deutschen Bank lange nicht mehr erlebt: Nach einer Serie von Verlusten und verfehlten Zielen überraschte Deutschlands größtes Geldhaus am Montag mit der Nachricht, man habe im zweiten Quartal deutlich mehr Gewinn verbucht als zuletzt erwartet. Der Aktienkurs stieg prompt um zwischenzeitlich neun Prozent. Sieben für die Bank quälende Wochen waren die Papiere für kaum mehr als neun Euro zu haben - obwohl der seit April amtierende Bankchef Christian Sewing versprochen hatte, die Sanierung deutlich ernsthafter anzugehen als sein Vorgänger John Cryan.

Der Grenze von zehn Euro mag faktisch keine allzu große Bedeutung zufallen, sie gilt für die Bank aber als wichtige psychologische Hürde. Zuletzt war der Aktienkurs des Instituts während der existenziellen Krise im Herbst 2016 unter diese Markte gefallen. Je tiefer die Aktie notiert, desto schwieriger wäre es für Sewing, im Ernstfall mittels einer Kapitalerhöhung Geld am Markt einzusammeln. Auch eine Übernahme durch die Konkurrenz wird bei niedrigen Kursen theoretisch wahrscheinlicher.

Über die vollständigen Zahlen berichtet die Deutsche Bank erst kommende Woche Mittwoch. Weil Ertrag und Gewinn aber "erheblich" über den Schätzungen der Analysten lägen, habe die Bank die Finanzmärkte per Ad-Hoc-Mitteilung informieren müssen, teilte sie mit. Dazu sind Unternehmen bei möglicherweise kursrelevanten Informationen verpflichtet. Von April bis Juni erwartet die Bank einen Gewinn vor Steuern von 700 Millionen und ein Ergebnis von 400 Millionen Euro. Analysten hatten nur mit einem Nachsteuergewinn von 159 Millionen Euro gerechnet. Auch die Kosten seien mit 5,8 Milliarden Euro etwa 200 Millionen Euro niedriger ausgefallen als die Marktexperten erwartet hatten. Die Erträge, also die gesamten Einnahmen der Bank, lagen mit 6,6 Milliarden Euro etwa 200 Millionen über den Schätzungen. Die Zahl der Vollzeitstellen sei um 1700 auf 95 400 gesunken, wobei Sewing deutlich unter 90 000 erreichen möchte.

Ob das Geldhaus wirklich auf dem Weg der Besserung ist, werden erst die ausführlichen Zahlen zeigen. Über die Eckdaten hinaus gab die Bank keine weiteren Informationen, etwa dazu, inwiefern der Ertragszuwachs auf höhere Marktanteile zurückzuführen ist. Nicht zuletzt wegen ihrer Reputationskrise hatte sie zuletzt viele Kunden verloren, vor allem im ertragreichen Investmentbanking. Merklich gebessert haben sich die Geschäftszahlen im Vorjahresvergleich jedenfalls nicht: Sie sind weitgehend stabil oder leicht rückläufig.

Mit 100 Millionen Euro geht ein Teil der Erträge unter anderem auf den Verkauf von Vermögenswerten zurück. Was genau verkauft wurde, teilte die Bank nicht mit. Zuletzt hatte sich das Geldhaus unter anderem von Schiffskrediten getrennt. Außerdem speisen sich die 100 Millionen Euro zu einem nicht genannten Teil aus einem eher befremdlichen Effekt, den die Bank nutzen konnte: Bilanziell profitieren Banken erst einmal davon, wenn sich ihrer Bonität verschlechtert, da die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, dass sie ihre Schulden nicht zurückzahlen müssen. Zuletzt hatte die Ratingagentur S&P die Deutsche Bank herabgestuft. Sewing und Finanzchef James von Moltke hatten die Erwartungen an das zweite Quartal jüngst dermaßen gedämpft, dass nun jeder Erfolg als Überraschung daherkommt. Wo die Deutsche Bank wirklich steht, macht erst der Vergleich zur Konkurrenz richtig deutlich: Die Bank of America legte ebenfalls am Montag ihre Zahlen vor. Reingewinn in drei Monaten: Umgerechnet 5,81 Milliarden Euro.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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