Daimler-Chef:Am Limit

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Dieter Zetsche ist zunächst noch bis Ende kommenden Jahres Vorstandschef des Daimler-Konzerns. (Foto: Thomas Kienzle/AFP)

Dieter Zetsche gehört wieder zu den Top-Verdienern unter den Dax-Vorständen, obwohl er die Bonus-Höchstgrenze erreichte.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Neulich hatte Dieter Zetsche Firmenjubiläum. Für 40 Jahre Betriebszugehörigkeit bekam der Vorstandsvorsitzende - wie jeder andere Daimler-Mitarbeiter auch - ein Dankeschön überwiesen. Bei Zetsche betrug dieses exakt 418 464 Euro. Seine Treue zum Arbeitgeber hat sich für den 64-jährigen Top-Manager also durchaus gelohnt. Im vergangenen Geschäftsjahr 2017 verdiente Zetsche 8,6 Millionen Euro, dazu kamen noch 4,4 Millionen aus fälligen Bonusprogrammen vergangener Jahre. Macht zusammen 13 Millionen. Nicht schlecht für einen, der 2010 wegen diverser Misserfolge noch als Wackelkandidat galt und vom Aufsichtsrat einen Denkzettel in Form eines verkürzten Drei-Jahres-Vertrags verpasst bekam.

Die Berufung an die Spitze des Aufsichtsrats von Tui misslang - wegen der Doppelbelastung

Im 41. Jahr seiner Tätigkeit für den Stuttgarter Autohersteller steht Zetsche wieder ganz vorne in der Geld-Rangliste der Dax-Vorstände - neben SAP-Chef Bill McDermott, dessen Gehalt für 2017 noch nicht veröffentlicht wurde. 2016 hatte der US-Amerikaner 15,6 Millionen Euro erhalten und damit eine Diskussion über überhöhte Managergehälter ausgelöst. Bei der SAP-Hauptversammlung verweigerten dann auch 49,51 Prozent der Aktionäre dem Aufsichtsrat die Entlastung. Derartige Zerwürfnisse gab es bei Daimler noch nicht. Vielleicht auch, weil die Schwaben diverse Höchstgrenzen eingebaut haben, die bei den Bonuszahlungen an Vorstände nicht überschritten werden dürfen.

Und Dieter Zetsche ist 2017 an einen solchen Bonus-Deckel gestoßen. Auf wie viel Geld er dadurch verzichten musste, beziffert der Geschäftsbericht allerdings nicht. Ob Zetsche diese Obergrenze gut findet oder nicht, dazu äußert er sich nicht. Im Vorjahr war jedenfalls noch mehr Geld auf sein Konto geflossen: Inklusive fällig gewordener, langfristiger Aktienoptionen erhielt er 13,8 Millionen Euro. 2015 waren es sogar 14,4 Millionen Euro gewesen. Der Bonus richtet sich nicht nur nach Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Rendite, sondern auch nach weichen Faktoren, wie Mitarbeiterzufriedenheit, Produktqualität, Integrität und Diversität.

Zetsche fördert seit Jahren weibliche Führungskräfte, derzeit sind im achtköpfigen Daimler-Vorstand zwei Frauen vertreten: Britta Seeger verantwortet den Bereich Mercedes-Benz Cars Vertrieb und Renata Jungo Brüngger die Sparte Integrität und Recht. Ihr Vertrag wurde jüngst bis Ende 2023 verlängert. Zum Vergleich: Volkswagen und BMW haben nur je eine Frau im Vorstand, Audi und Porsche gar keine.

Zetsches Vertrag läuft noch bis Ende 2019. Der Vater dreier Kinder, der in zweiter Ehe verheiratet ist, wird dann 66 Jahre alt sein. Was er danach macht, hat er noch nicht verraten. Als sehr wahrscheinlich gilt, dass er nach einer Abkühlphase den Vorsitz im Daimler-Aufsichtsrat übernimmt. In der Zwischenzeit muss er weder Geld- noch Arbeitsmangel befürchten: Er ist beim weltweit größten Reisekonzern Tui fest als Aufsichtsratschef vorgesehen. Eigentlich sollte er bereits am Dienstag bei der Hauptversammlung in Hannover gewählt werden und das Amt im Oktober antreten. Doch Aktionärsberater sprachen sich gegen diesen Zeitplan aus. Sie bezweifelten, dass Zetsche als Daimler-Boss die nötige Zeit habe, um das Tui-Kontrollorgan angemessen zu leiten. Deshalb wird nun der aktuelle Aufsichtsratschef Klaus Mangold im Amt bleiben, bis Zetsche frei wird, Zetsche wurde nur als einfaches Mitglied gewählt.

Bei Daimler hat Zetsche tatsächlich genügend zu tun. Allen voran muss er den Umbruch vom Verbrennerantrieb zum Elektromotor managen. Zudem treibt er eine grundlegende Umstrukturierung des Konzerns voran. Künftig soll es drei rechtlich unabhängige Geschäftsbereiche geben: Pkw, Lkw und Finanzdienstleistungen. Das soll die einzelnen Sparten schneller und besser machen - und einen Teilbörsengang ermöglichen. Der Umbau ist alles andere als trivial; An manchem Standort wird sowohl für die Pkw- als auch die Lkw-Sparte produziert. Wer bekommt davon was? Und wie wird das alles abgerechnet? Zetsche wird wohl Antworten finden - und nach 14 Jahren als Vorstandschef einen Konzern übergeben, den er mächtig umgebaut hat. Zur Erinnerung: Zu Beginn seiner Amtszeit hatte er noch die Altlast Chrysler aus einer misslungenen Fusion am Bein.

Heute bezeichnet Zetsche das Unternehmen in einem Brief an die Aktionäre als "kerngesund und hochprofitabel". Es stehe "für nachhaltigen Erfolg in volatilen Zeiten". Für 2017 vermeldete er eine ganze Menge Rekordzahlen: Mehr Fahrzeuge verkauft denn je. Mehr Umsatz, Gewinn und Dividende denn je. Nur sein Gehalt, das war schon mal höher. Und die 418 464 Euro fürs 40-jährige Betriebsjubiläum hat er übrigens in voller Höhe an gemeinnützige Einrichtungen gespendet.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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