Conergy: Chef Dieter Ammer:Der Fall des Sonnenkönigs

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Eigentlich sollte Dieter Ammer den Börsenstar Conergy retten - doch nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den schillernden Chef der Solarfirma.

Markus Balser

Nur noch diesen einen Job wollte Dieter Ammer zu Ende bringen. "Wenn das hier geschafft ist", sagte er vor einem Jahr, "habe ich als Unternehmer im Leben einiges erlebt." Das hier ist für Ammer, 58, seit Ende 2007 der Hamburger Solarkonzern Conergy. Der ehemalige Tchibo-Chef sollte den abgestürzten Börsenstar wieder auf Kurs bringen.

Mit seinem Einstieg bei Conergy verknüpfte sich einst große Hoffnung, doch jetzt ermittelt der Staatsanwalt gegen ihn: Vorstandschef Dieter Ammer. (Foto: Foto: dpa)

Doch seit Mittwoch ist klar: Ammers Karriere ist zwar um eine spektakuläre Erfahrung reicher. Ob er die Sanierung ans Ziel führen wird, ist dagegen mehr als fraglich. Denn die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Conergy-Chef wegen Bilanzfälschung.

Bei einer Großrazzia hatten 125 Ermittler am Dienstag und Mittwoch Büros und Wohnräume von Conergy-Verantwortlichen in Hamburg, München, Stuttgart und Berlin durchsucht. Der Verdacht: Elf Spitzenmanager sollen Bilanzen gefälscht, Aktienkurse manipuliert und Insiderhandel betrieben haben.

Es geht um Ammers Ruf

Am Donnerstag räumte Vorstandschef Ammer nach langem Schweigen ein, dass auch er selbst zu den Beschuldigten zählt. "Auch ich befinde mich unter den Personen, gegen die von der Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt wird", erklärte er in einem Schreiben an seine Mitarbeiter. "Alle anderen Betroffenen sind bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden."

Mit dem Verdacht wird der Fall Conergy endgültig zur persönlichen Affäre für einen der schillerndsten Manager Deutschlands. Es geht um Ammers Ruf, sein Ego und sein Geld. Denn der einstige Börsenstar Conergy hatte Ammer Ende 2007 an die Spitze geholt, um den Konzern aus prekärer Lage zu retten. Die Wende ist Ammer nicht geglückt.

Die Hoffnung war groß

Binnen zwei Jahren fiel eine halbe Milliarde Euro Verlust an. Der Solarmarkt ist weltweit zusammengebrochen und der Aktienkurs stürzt ab. Seit Ende 2007 fielen die Conergy-Papiere von 23 Euro in den Ramsch-Status Penny-Stock. Und nun gefährden auch noch die Ermittlungen die Zukunft des Unternehmens.

Dabei war die Hoffnung groß. Denn als Sonnenkönig galt Ammer schon, bevor er Ende 2007 an die Firmenspitze rückte. In den 90er Jahren formte der Ökonom aus ein paar Rübenbauern Europas größten Zuckerkonzern Nordzucker. Dann wurde er Boss der Bremer Brauerei Beck.

Ihr Verkauf an Inbev galt als Coup und hievte den großgewachsenen Bremer an die Spitze des Hamburger Kaffeerösters und Universalhändlers Tchibo. Dort übernahm er für einige Milliarden Beiersdorf komplett - ein Schachzug, der lange stabile Gewinne lieferte.

So einen Macher wollten sie auch bei Conergy. Denn enttäuscht stellten Investoren fest, dass die Visionen von Vorgänger Hans-Martin Rüter ins Leere liefen. Der deutsche grüne Konzern sollte Conergy mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro in Europa werden. Solarzellen, Wind-, Biomasse - Conergy kaufte Geschäftsfelder in Lichtgeschwindigkeit zu. Die Firma verzettelte sich völlig, sagt ein Insider. Im November 2007 kam es zum Putsch. Ammer löste Rüter ab.

Doch in der Solarbranche sah Ammer seither mehr Schatten als Licht. Der Bremer spart, baut 1000 Stellen und das Geschäft mit Wind und Biomasse ab und organisiert frisches Geld bei Banken und Investoren wie dem befreundeten Milliardär Otto Happel und den Strüngmann-Brüdern Andreas und Thomas - nach dem Verkauf der Pharmafirma Hexal ebenfalls mehrfache Milliardäre.

Trotzdem brach das Geschäft weiter ein. Der Umsatz für die ersten drei Monate 2009 fiel um 70 Prozent auf 65 Millionen Euro. Führungskräfte laufen Ammer davon. "Es herrscht ein regelrechter Exodus", sagt ein Insider.

Verdacht: Marktmanipulation

In der Hamburger Zentrale fragen sich die Beschäftigten nun, ob es Zufall sein kann, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Ammer und zehn weitere Manger auf den Beginn der großen Firmenkrise konzentrieren: Die Jahre 2006 und 2007. Im Herbst 2007 waren der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bei Conergy nach Informationen der Süddeutschen Zeitung seltsame Aktiengeschäfte aufgefallen.

Der Verdacht: Marktmanipulation. Die Behörde leitete eine förmliche Untersuchung ein und ließ sich von Banken die Auftraggeber von Aktiengeschäften nennen. Im März erstattete die Behörde Anzeige bei der Hamburger Staatsanwaltschaft und löste damit umfangreiche Ermittlungen aus.

Das Unternehmen warnte am Donnerstag vor einer Vorverurteilung, doch die Börsen entzogen Ammer und seinem Unternehmen das Vertrauen. Mit massiven Aktienverkäufen reagierten Anleger auf das Bekanntwerden der Ermittlungen. Das Papier verlor am Donnerstag noch einmal kräftig an Wert - es büßte bis zu neun Prozent ein und notierte bei 58 Cent. Bereits am Vortag war der Kurs um sieben Prozent gesunken.

© SZ vom 19.06.2009/kaf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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