Bundesgerichtshof:Gaskunden sollten Klagen abwägen

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Haushalte mit sogenannter Gasgrundversorgung haben Anspruch auf eine teilweise Rückzahlung von Preiserhöhungen - wenn sie vorher nicht über die Gründe für die Erhöhungen informiert worden sind.

Haushalte mit sogenannter Gasgrundversorgung haben Anspruch auf eine teilweise Rückzahlung von Preiserhöhungen. Dies trifft auf sogenannte Tarifkunden zu, die von Energieversorgern zwischen Oktober 2012 und Oktober 2014 nicht zuvor über die Gründe für die Preiserhöhungen informiert worden waren, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei nun verkündeten Urteilen. Die Energieversorger durften demnach nur eigene Kostenerhöhungen weitergeben, müssen aber zusätzliche Preisaufschläge aus Profitgründen zurückerstatten (Az. VIII ZR 158/11 und VIII ZR 13/12). Das Gericht setzte damit eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg um. Er hatte im Oktober 2014 die deutschen Vorschriften zur Erhöhung von Gaspreisen ohne vorherige Begründung rückwirkend zum 1. Juli 2004 für unzulässig erklärt. Der Gesetzgeber änderte die entsprechende Regelung nach dem EuGH-Urteil dann Ende Oktober 2014. Der BGH schloss die Lücke von 2004 bis 2014 durch eine sogenannte ergänzende Vertragsauslegung. Demnach hätten "verständige Kunden" den Energieversorgern das Recht eingeräumt, die Steigerungen ihrer eigenen Bezugskosten weiterzugeben, darüber hinausgehende Profite aber nicht. In den beiden Ausgangsfällen scheiterten damit Klagen von Verbrauchern gegen die Stadtwerke Hamm und Geldern. Laut BGH hatten die Vorinstanzen festgestellt, dass die Stadtwerke ihren Tarifkunden, also Kunden mit geringem Verbrauch, lediglich eigene Bezugskostensteigerungen weitergereicht hatten.

Weil dem Urteil zufolge die Richter in solchen Streitfällen Steigerungen der Bezugskosten für die Versorger auch "schätzen" dürfen, warnte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor voreiligen Prozessen. Nach deren Berechnung hätten durchschnittliche Tarifkunden mit Blick auf die dreijährige Widerspruchsfrist etwa 250 Euro zurückfordern können, wenn der BGH die Gaspreiserhöhungen wegen der intransparenten Klausel für insgesamt nichtig erklärt hätte. Nun könne allenfalls um einen Bruchteil dieses Betrags bei hohem Prozessrisiko gestritten werden.

AFP

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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