Briefträger der Deutschen Post:Unfreiwillig frei

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  • Die Deutsche Post kam in mehreren Bundesländern auf die Idee, dass Briefträger montags Urlaub nehmen sollen - "Sommerflexibilisierung" heißt das.
  • Doch weder die Boten noch die Gewerkschaft sind begeistert.

Von Kristiana Ludwig

Die Beziehung zwischen der Deutschen Post und ihren Angestellten verlief in diesem Jahr, nun ja, holprig. Erst war da die Idee des Konzerns, langjährige Paketboten durch günstigere Zusteller zu ersetzen. Dann dieser hässliche Arbeitskampf, die streikenden Briefträger und die wütenden Kunden. Kein Wunder, dass die Post jetzt mal für gutes Wetter sorgen will. Und was macht einen Mitarbeiter fröhlicher als ein freier Montag?

Anfang August hing in einem Hamburger Zustellzentrum die Zeichnung einer gelben, grinsenden Sonne. "Sommerflexibilisierung am Montag" stand daneben. "In den kommenden fünf Wochen", schrieb die Hamburger Leitung, könnten "vermehrt Urlaub und Überstunden abgewickelt werden". Denn die Briefzentren würden in dieser Zeit sonntags nur "eingeschränkt" arbeiten. An den Montagen müssten die Zusteller also bloß noch Tageszeitungen und Pakete austragen.

Offenbar waren die Hamburger Briefträger nicht allein mit der neu gewonnenen Freizeit. Auch in vielen bayerischen Städten, im Rheinland und in Berlin berichteten die Lokalzeitungen von leeren Briefkästen am Montagmorgen. Schreiben wie in Hamburg tauchten auch in anderen Briefzentren auf, wenn auch weniger bunt bebildert. Von einer Verbesserung der "Kostensituation durch Rückstellungsabbau" war da die Rede - also davon, Geld zu sparen, indem montags jeder zweite Mitarbeiter zu Hause bleibt.

Die Post habe für die Sommer-Aktion gar keine Erlaubnis

Bloß konnten die Postboten nicht richtig umgehen mit ihrem Glück. Der blaue Montag wollte bei ihnen einfach nicht für Entspannung sorgen. Im Gegenteil: Die Gewerkschaft Verdi berichtet über Anrufe von Briefträgern aus dem ganzen Land - und die berichteten von Druck. Denn wer ungern seinen Sommerurlaub auf fünf Montage aufteilte, sei damit nicht bei jedem Chef gut angekommen.

Auch die Gewerkschaft ist wenig begeistert ob der vielen langen Wochenenden für die Zusteller. Denn durch die freien Tage schrumpft nicht nur der Sommerurlaub, sondern langfristig auch der Stellenplan, befürchtet Verdi. Wird nur an fünf statt an sechs Tagen gearbeitet, braucht man irgendwann auch weniger Personal.

Schließlich hat die Post für ihre Sommer-Aktion gar keine Erlaubnis. Denn sie erfüllt einen staatlichen Auftrag: Briefzustellung jeden Tag in jedem Ort. Dafür zahlt sie keine Mehrwertsteuer. Ob das klappt, kontrolliert die Bundesnetzagentur. Auch bei ihr sammelte sich im August der langen Wochenenden ein Stapel Beschwerden. Man hakte nach.

Der Vorwurf sei "nicht zutreffend", erwiderte die Post. Um Einzelfälle habe es sich gehandelt, keinesfalls um System. Man habe da jetzt ein Auge drauf, sagt die Bundesnetzagentur. Bloß sei man auf Zuschriften angewiesen, auf Beschwerden. Darauf wartet sie nun. Immer ab Dienstag.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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