Brexit:Easyjet geht nach Wien

Lesezeit: 2 min

Eine neue Tochtergesellschaft in Österreich soll die europäischen Flugrechte für die Billig-Airline sichern. Konkurrent Ryanair droht mit einem eigenen Brexit.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Billigfluggesellschaft Easyjet gründet einen neuen Ableger in Österreich. Easyjet Europe soll anfangs über eine Flotte von etwa 100 Flugzeugen verfügen und gut 4000 Mitarbeiter beschäftigen und künftig alle Flüge innerhalb der Europäischen Union (EU) abwickeln. Eine österreichische Fluglizenz steht Easyjet zufolge kurz vor der Genehmigung.

Die nach Ryanair zweitgrößte Low Cost-Airline Europas zieht damit die Konsequenzen aus dem Brexit-Votum, nach dem Großbritannien von Ende März 2019 an kein Mitglied der EU mehr sein wird. Der Easyjet-Hauptsitz befindet sich in London. Da das Unternehmen nach heutigem Stand nach dem Brexit nicht mehr mehrheitlich im Besitz europäischer Investoren wäre, würde Easyjet die Verkehrsrechte innerhalb des Binnenmarktes verlieren. Knapp die Hälfte der derzeit etwa 270 Flugzeuge des Konzerns sind außerhalb Großbritanniens stationiert.

Die Luftverkehrsbranche dringt angesichts der Rechtsunsicherheit darauf, dass Großbritannien und die EU schnell ein neues Handelsabkommen für den Sektor abschließen, ansonsten drohe Chaos. Ryanair-Chef Michael O'Leary kündigte bei einer Anhörung des Europäischen Parlamentes in dieser Woche sogar an, seine Airline werde alle Flugzeuge aus Großbritannien abziehen, sollte bis September 2018 keine Klarheit herrschen. Fluggesellschaften verkaufen ihre Tickets bis zu ein Jahr im voraus, theoretisch müssten sie deswegen sogar schon bis März nächsten Jahres wissen, welche Flüge sie anbieten können und welche nicht.

Easyjet will deshalb auf Nummer sicher gehen. Die Holding Easyjet plc wird zwar weiter in London angesiedelt sein, deren Aktien werden an der dortigen Börse gehandelt, jedoch soll sie auch nach dem Brexit mehrheitlich EU-Investoren gehören. Derzeit liegt der Anteil ohne die britischen Investoren bei 47 Prozent - der Konzern muss also die Eigentumsstruktur nur vergleichsweise wenig ändern. Bei Ryanair beträgt die Lücke rund 20 Prozent. Easyjet hat insofern Glück, als die Gründerfamilie Haji-Ioannou sowohl die britische als auch die zyprische Staatsbürgerschaft hat. Die Haji-Ioannous halten knapp 34 Prozent der Anteile.

Schon jetzt besteht Easyjet aus zwei Teilen - der britischen Fluggesellschaft sowie Easyjet Switzerland, an der der Konzern mit 49 Prozent beteiligt ist. Künftig wird die Gruppe aus drei Fluggesellschaften bestehen, die alle von eigenverantwortlichen Managern geleitet werden müssen.

Weiter unklar ist auch nach der Gründung von Easyjet Europe, ob die Airline alle Verkehrsrechte zwischen Großbritannien und der künftigen Europäischen Union behalten kann oder das Angebot zurückfahren muss. Das Ergebnis hängt wie bei allen anderen Fluggesellschaften davon ab, ob die EU und Großbritannien ein liberales oder restriktives Luftverkehrsabkommen aushandeln. Ebenso ungewiss ist, ob der Konzern weiter die Mehrheit an der britischen Airline halten kann.

Österreich etabliert sich wegen seiner offenbar zuvorkommenden Behörden als neuer Standort für Fluggesellschaften. Auch Lufthansa-Tochter Eurowings hatte dort den Ableger Eurowings Europe gegründet.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: