BP: Hayward geht:Rotzigkeit hat ihre Grenzen

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BP-Chef Hayward liebt die Lässigkeit - doch er hat es übertrieben. Das wurde nicht nur ihm zum Verhängnis, sondern auch BP. Der Konzern muss lernen, sich nicht nur in der Öffentlichkeit zu hinterfragen.

Hans von der Hagen

Tony Hayward hat zu viel falsch gemacht - und alle gegen sich aufgebracht: die Regierung in Washington ebenso wie die amerikanische Bevölkerung. Mit missverständlichen Sprüchen ("Ich will mein Leben zurück"), einfältigen Aussagen (im Vergleich zum "sehr großen Ozean" sei die Menge ausgetretenen Öl "relativ klein") und aufreizendem Verhalten (Segeltörn in der Krise) muss jemand in einer Katastrophe wie der im Golf von Mexiko scheitern.

Die Aufgabe von Hayward-Nachfolger Dudley wird es sein, der Demut, die der Konzern vorspielte, Taten folgen zu lassen. (Foto: getty)

Mit einigem Wohlwollen ließen sich die Pannen des BP-Chefs als Torheit abtun, die einem in langen Krisenwochen und vielen Interviews unterlaufen mögen - sofern der britische Konzern ansonsten alles richtig gemacht hätte. Weil das den Briten aber nicht gelang, konterkarierte Hayward mit seinem Verhalten die bescheidenen Bemühungen des Konzerns, halbwegs glimpflich durch die Krise zu steuern.

So gesehen kommt Haywards Rücktritt viel zu spät.

Gerade in der Anfangszeit versuchte BP, zumindest eine Illusion von Offenheit zu schaffen. Zu leugnen gab es ohnehin nichts - das herausquellende Öl war Beleg genug dafür, dass etwas gründlich schieflief.

Der Konzern zeigte sich zerknirscht, gestand die eigene Ratlosigkeit ein, startete einen Ideenwettbewerb im Internet, um sich - zumindest scheinbar - die Expertise der Masse zu eigen zu machen, eröffnete mit Unterwasserkameras einen seltsam apokalyptischen Blick auf geborstene Leitungen und das ins Meer strömende Öl und ließ die Öffentlichkeit an den Rettungsversuchen teilhaben. Eilig sicherte das Unternehmen Schadenersatz zu und beugte sich wiederholt Forderungen der Politik. Es war wohl die Richtung, die der krisenerfahrene Andrew Gowers vorgab, Pressemann bei BP und damit auch Berater für Hayward. Bei seinem vorherigen Arbeitgeber, der Pleitebank Lehman Brothers, hatte Gowers lernen müssen, wie schmerzhaft das Scheitern vor den Augen der Weltöffentlichkeit ist.

"Unermüdlicher Einsatz"

Der Lohn der Demut: Anders etwa als Shell die Ölplattform Brent Spar im offenen Meer versenken wollte, wurde BP zunächst erstaunlich milde behandelt. Selbst US-Präsident Barack Obama entdeckte erst dann seine Wut auf den Ölgiganten, nachdem sich zu viele über seine Gelassenheit gewundert hatten.

Als dann aber deutlich wurde, dass BP zuweilen die ganze Wahrheit verschwieg und offensichtlich falschen Zahlen etwa zum ausströmenden Öl verbreitete, geriet das Bemühen um Aufrichtigkeit zur Farce. Die Stimmung wendete sich gegen BP und das Unternehmen steht nunmehr für Gewurstel und Schluderei. Die anfängliche Ratlosigkeit wird als furchterregende Hilflosigkeit wahrgenommen, die grüne Sonne im Logo von BP lächelt nur noch Hohn.

In einem solchen Umfeld hatte Hayward nichts mehr zu gewinnen - BP musste nur noch einen Zeitpunkt finden, zu dem einem neuen Chef ein Neuanfang ohne größeren Blessuren gelingen konnte.

Offensichtlich ist das jetzt der Fall - das Bohrloch ist halbwegs abgedichtet, die hässlichen Unternehmenzahlen sind veröffentlicht und die Empörung über die Geschäfte mit Libyen geht im allgemeinen Durcheinander unter. Zeit, das Messer an der Spitze anzusetzten. Doch es tut nicht weh. Hayward bekommt viel Geld und warme Worte zum Abschied: Die BP-Führung sei "tief betrübt" über den Abgang von Hayward, dessen Erfolge in den vergangenen drei Jahren weitherum bewundert worden seien. Zudem erhält der 53-Jährige noch ein Jahresgehalt in Höhe von rund einer Million Pfund und anschließend eine Rente von 600.000 Pfund. Jährlich.

Mit Robert Dudley übernimmt nun ein Amerikaner die Geschäfte bei BP, der aus seiner Wertschätzung für Hayward keinen Hehl macht und zum Abschied wortreich seinen "unermüdlichen Einsatz" gerade in der Ölkatastrophe lobt.

Dudleys Aufgabe wird es sein, der Demut, die der Konzern vorspielte, Taten folgen zu lassen. Das selbstsichere Schulterklopfen in der Chefetage, die gegenseitige Bestätigung, alles im Griff zu haben, muss der Erkenntnis weichen, dass der Konzern an seiner fatalen Selbstgewissheit gescheitert ist. Das riskante Bohrgeschäft erfordert auch mal das Hinterfragen des eigenen Vorgehens. Für die Ölmänner ist das offensichtlich ein Problem.

Als Hayward 2007 seinen Job als BP-Chef antrat, beteuerte er, dass er "wie ein Laser" sich auf das Thema Sicherheit fokussieren würde. Das hat er nun auch ad absurdum geführt. Er kann einfach nicht das Richtige sagen.

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