Bieterrennen um Opel:GM lässt Magna direkt vor

Im Bieterrennen um Opel verhandeln GM und Magna nun direkt auf höchster Ebene. Das könnte als Vorentscheid für den österreichischen Investor gewertet werden, doch es soll offenbar nichts heißen.

Im Rennen um Opel setzen sich die bisherige Konzernmutter General Motors (GM) und der Bieter Magna an einen Tisch. In Detroit treffen GM-Chef Fritz Henderson und Magna-Chef Siegfried Wolf am Abend (MESZ) zu einem Gespräch zusammen, um über den Einstieg des kanadisch- österreichischen Zulieferers beim Rüsselsheimer Autohersteller zu verhandeln. Magna-Kreise bestätigten die Zusammenkunft der beiden Unternehmenschefs.

Bieterrennen um Opel: GM-Chef Fritz Henderson (links) und Magna-Chef Siegfried Wolf: Treffen in Detroit.

GM-Chef Fritz Henderson (links) und Magna-Chef Siegfried Wolf: Treffen in Detroit.

(Foto: Fotos: dpa)

"Wir sind zuversichtlich, dass die offenen Punkte noch geklärt werden können", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person in Wien. Allerdings hat sich GM trotz des starken politischen Drucks aus Deutschland zugunsten Magnas noch nicht entschieden und strebt auch keine rasche Lösung an. Konkurrent Magnas ist der belgische Finanzinvestor RHJI, der Opel ebenfalls übernehmen will.

Keine Entscheidung getroffen

Die Bundesländer mit Opel-Standorten wie das Land Hessen, aber auch die Betriebsräte von Opel haben sich klar für Magna ausgesprochen. Sie erwarten von einer Übernahme des Autoherstellers durch Magna zusammen mit russischen Partnern einen geringeren Stellenabbau in Deutschland und eine klarere Trennung von der bisherigen US-Mutter GM.

Es sei gut, dass es dieses Treffen am Freitag in Detroit gebe, hieß es aus der hessischen Staatskanzlei.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) wollen die Vorstandsvorsitzenden über die noch offenen Fragen verhandeln. GM-Verhandlungsführer John Smith widersprach Presseberichten, wonach Magna bereits ausgewählt worden sei. "Dies ist nicht der Fall", schrieb Smith am Donnerstag in einem Internet-Blog.

Die Gespräche sowohl mit Magna als auch mit dem Finanzinvestor RHJ International (RHJI) dauerten an. GM bevorzugt aber nach wie vor das Konzept des Finanzinvestors RHJI, das Smith "das einfachere Konzept" nannte.

Eine mit den Gesprächen vertraute Person sagte der FAZ: "Das Treffen (zwischen GM und Magna) ist grundsätzlich ein gutes Zeichen für Magna." Ob es zu einem Durchbruch zugunsten Magnas komme, sei aber offen.

Ein Drittel der offenen Fragen abgearbeitet

Der Grund sei vor allem eine neue Forderung von GM: Die Amerikaner, die mit 35 Prozent an Opel beteiligt sind, wollten eine Garantie, dass ihr Anteil nicht unter 20 Prozent sinkt. Dies solle auch dann gelten, wenn Opel zur Finanzierung neue Aktien ausgibt und GM keine dieser Aktien erwirbt.

Mit Magna habe es zu Beginn der Woche etwa 30 offene Fragen gegeben, von denen ein Drittel abgearbeitet sei, sagte GM-Vorstand Smith. Die anderen noch ungeklärten Punkte beim Magna-Konzept seien aber nur schwer zu lösen.

Eine der Schlüsselfragen für GM sei die des geistigen Eigentums, schrieb Smith in seinem Blog. "Der Verkauf sollte nicht zu einer Pipeline werden, in der wertvolles geistiges Eigentum mit unbekanntem Ziel verfrachtet wird."

Zu den ungelösten Fragen zählte der GM-Verhandlungsführer aber unter anderem auch die Rolle Russlands und die Entwicklungsverantwortung.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, warum sich offenbar auch die amerikanische Regierung in die Verhandlungen einmischt.

Misstrauen gegenüber den Russen

Magna-Kreise in Österreich bestätigten, Hauptstreitpunkt bei den Verhandlungen seien momentan noch die Patentrechte. GM fürchte, dass durch die Magna-Kooperation mit dem russischen Autobauer Gaz firmeneigenes Know-how an einen Konkurrenten fließen könnte. Dies schien nach den Angaben aus Magna-Kreisen ausgeräumt.

Vetorecht soll helfen

Magna habe sich unter anderem bereiterklärt, der früheren Opel-Mutter GM ein Vetorecht zuzugestehen, falls ein Opel-Anteil mit Patentrechten an Dritte weiterverkauft werden solle. "Die gesamte Frage konnte in den Verhandlungen geklärt werden", hieß es aus Magna-Kreisen.

Offenbar gerät GM aber nun auch von Seiten der amerikanischen Regierung unter Druck, Magna nicht zum Zuge kommen zu lassen. Washington habe GM angewiesen, keinen Vertrag über einen Einstieg des kanadisch-österreichischen Investors bei Opel zu unterzeichnen, solange russische Unternehmen einen umfassenden Zugriff auf GM-Patente bekommen, berichtete die Wirtschaftswoche (WiWo).

Der GM-Patentpool betrifft aber nicht nur den Automobilbau. Rund fünf Prozent des Umsatzes macht der Konzern mit Rüstungsgütern. Die Forderung von GM, den Zugriff auf die Automobiltechnik zu begrenzen, habe Magna aber bisher stets abgelehnt.

Die Amerikaner werfen Magna dem Bericht zufolge vor, das Unternehmen habe sich umso weiter von der ursprünglichen Absichtserklärung entfernt, je stärker die Rolle der russischen Sberbank in dem Konsortium wurde. Das Misstrauen auf amerikanischer Seite schürte Magna noch, weil sich die Österreicher hartnäckig weigerten, GM in ihren Gesellschaftsvertrag mit der Sberbank schauen zu lassen.

Umsatz halbiert

Magna hat unterdessen auch im zweiten Quartal wieder einen Verlust eingefahren. Unter dem Strich fiel angesichts der Krise auf den weltweiten Automärkten ein Verlust von 205 Millionen US-Dollar (143 Millionen Euro) an, wie der Konzern mitteilte. Im Vorjahreszeitraum erzielte Magna ein Plus von 227 Millionen Dollar.

Gleichzeitig brachen die Umsätze des kanadisch-österreichischen Autozulieferers von April bis Juni um fast die Hälfte auf 3,705 Milliarden Dollar ein. Schon im ersten Quartal hatte Magna rote Zahlen geschrieben. Auf Halbjahressicht rutschte Magna ebenfalls in die roten Zahlen.

Unter dem Strich stand in den ersten sechs Monaten ein Minus von 405 Millionen Dollar. Im Vorjahreszeitraum hatte Magna noch ein Plus von 434 Millionen Dollar erzielt. Die Umsätze in der ersten Jahreshälfte halbierten sich ebenfalls fast auf rund 7,28 Milliarden Dollar.

Die amerikanische Seite verlangt dem Bericht zufolge, dass die Bundesregierung Magna und Sberbank so weit wie möglich an die ursprünglichen Abmachungen im Memorandum of Understanding zurückzuführen solle.

"In die Ecke manövriert"

Auch der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) sagte der WiWo: "Es reicht nicht, nur in Washington zu verhandeln. Moskau ist genauso wichtig." Amerikanische Unterhändler warnen dagegen dem Bericht zufolge vor einem Scheitern der Verhandlungen mit Magna. "Die Bundesregierung sollte sich nach Alternativen anstelle Magnas umsehen und auch eine Insolvenz in Betracht ziehen."

Berlin und die Länder hätten sich zu sehr in eine Ecke manövriert. "Das Magna-Angebot entspricht nicht der wirtschaftlichen Realität, sondern nur den deutschen Wünschen."

Der Magna-Konkurrent RHJ im Bieterrennen erwägt nach Presseinformationen zudem einen neuen Anlauf. Der Finanzinvestor wolle sein Kaufangebot für Opel nachbessern. "Wir könnten mit weniger als 3,8 Milliarden Euro Staatskredit auskommen", zitierte die FAZ Unterhändler von RHJ.

Voraussetzung dafür sei, dass GM von RHJ dieselben Lizenzgebühren für die Patentnutzung fordere wie von Magna. Dies wären 3,25 statt bisher 3,5 Prozent vom Kaufpreis eines Autos.

Das Patt zwischen GM und Magna löse in der Opel-Treuhandgesellschaft Besorgnis aus. "Wenn Deutschland und GM sich nicht auf Magna einigen können, dann müssen wir nach Alternativen suchen", sagte ein Mitglied des Treuhandbeirats der FAZ. Denkbar sei dann auch ein Verkauf an RHJ, obwohl Bund und Länder dies bisher ablehnen.

Die für die Sanierung von Opel benötigten Staatskredite müssten dann aus Amerika und anderen europäischen Ländern mit Opel-Standorten kommen - statt wie geplant aus Deutschland.

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