Beratungsqualität bei Finanzprodukten:Bundestags-Gutachten befürwortet Testkunden in Bankfilialen

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Testeinkäufer, die unangekündigt in Banken gehen, um die Beratungsqualität der Mitarbeiter zu testen - so lautete die Idee, mit der Verbraucherschutzministerin Aigner Kunden besser vor riskanten Finanzprodukten schützen wollte. Passiert ist bisher allerdings wenig, weil die Regierung verfassungsrechtliche Bedenken geltend machte. Doch die hat ein neues Gutachten jetzt entkräftet.

Von Andrea Rexer, Frankfurt am Main

Es war eines der schärfsten Schwerter, das Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) gegen Banken einsetzen wollte: Unerkannt und unangemeldet sollten Mitarbeiter der Bankenaufsicht in Filialen gehen und sich beraten lassen. Mit diesen verdeckten Testkunden wollte Aigner die Beratungsqualität überprüfen. Argumente für einen solchen Einsatz gab es genug. Schließlich war im Zuge der Finanzkrise Kritik laut geworden, dass die Berater ihren Kunden nicht offen und ehrlich gesagt hatten, wie riskant so manche der angebotenen Papiere waren.

Obwohl Aigner diesen Vorschlag im Dezember 2010 pompös ankündigte, hat bis heute kein einziger verdeckter Ermittler eine Bankfiliale betreten. Das Konzept werfe verfassungsrechtliche Fragen auf, hieß es aus dem Justiz- und dem Finanzministerium, und davon hat sich die Verbraucherministerin einschüchtern lassen. Möglicherweise zu Unrecht, wie ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags nahelegt, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das von den Grünen in Auftrag gegebene Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Testeinkäufe sehr wohl mit der Verfassung vereinbar sind - wenn man nur ein paar Kleinigkeiten im Gesetzesvorschlag verändert.

Wie diese Änderungen aussehen könnten, hat die grüne Bundestagsfraktion ausgearbeitet. Sie schlägt vor, dass personenbezogene Daten unverzüglich nach der Erhebung anonymisiert werden und Betroffene im Nachhinein informiert werden. Zudem sollten die Ermittler nicht pauschal losgeschickt werden, sondern nur dann, wenn es "allgemeine Hinweise" auf Fehlverhalten gebe. Unter dem Strich sei der Vorschlag der Grünen sowohl mit dem Datenschutz als auch "mit den Grundrechten der Berater sowie der betroffenen Unternehmen vereinbar", heißt es in dem Papier des wissenschaftlichen Diensts. Fazit: Wenn man will, sind Testeinkäufe möglich.

Bankenlobby reibt sich die Hände

Nach außen hin wird die Ministerin nicht müde zu betonen, dass sie Testkäufe prinzipiell für "sinnvoll" halte. Doch die politische Realität sieht anders aus: Am Finanzministerium und am Justizministerium kommt Aigner nicht vorbei. Es sei unrealistisch, dass sich in dieser Legislaturperiode noch etwas tue, heißt es aus Regierungskreisen. Die Bankenlobby reibt sich die Hände, die Verbände hatten sich wiederholt gegen Testkäufe ausgesprochen.

Bei den Grünen löst die Untätigkeit der Ministerin Kopfschütteln aus: "Das Gutachten zeigt: Wenn man will und den Datenschutz respektiert, kann man Testkäufe einführen", sagt Gerhard Schick, Finanzexperte der Grünen. Er glaubt, dass Testeinkäufe unlauter arbeitende Institute stoppen könnten. "Die Verbraucherministerin ist zwar monatelang mit der Forderung nach Testkäufen herumgelaufen, hat aber keinen machbaren Vorschlag präsentiert, sondern sogar unseren Vorschlag abgelehnt", wirft Schick der Ministerin vor.

Auf Anfrage der SZ teilt das Verbraucherschutzministerium mit, dass eine "zeitnahe wasserdichte und praktikable Regelung gegenwärtig nicht in Sicht" sei, und verweist darauf, dass man ja viele andere Maßnahmen auf den Weg gebracht habe. Das Beraterregister etwa oder die Einrichtung eines Verbraucherbeirats bei der Finanzaufsicht Bafin. All das müsste ja auch erst mal Wirkung entfalten.

© SZ vom 04.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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