Benzinpreis:Die Bank zapft mit

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Banken und Investmentfonds spekulieren kräftig mit Öl - und treiben damit den Spritpreis deutlich nach oben. Autofahrer, so das Ergebnis einer Studie, berappen 14 Cent je Liter extra.

Michael Bauchmüller

Wachsendes Interesse von Banken und Investmentfonds am Handel mit Erdöl könnte Deutschlands Autofahrer teuer zu stehen kommen. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach entfallen auf jeden Liter Benzin und Diesel inzwischen 14 Cent "Spekulationsprämie", mithin etwa fünf Milliarden Euro jährlich. Weltweit zahlten die Spritkunden demzufolge jährlich 267 Milliarden Euro extra.

Hintergrund seien Veränderungen in den Ölmärkten verbunden mit einer hohen Liquidität an den Finanzmärkten, heißt es in dem Gutachten des Hamburger Ölexperten Steffen Bukold. So würden an den beiden wichtigsten Ölbörsen der Nymex in New York und der ICE in London mit den Jahren immer größere Mengen Rohöl an Terminmärkten gehandelt, im Schnitt 13-mal mehr, als physisch von dem Rohstoff gefördert wird.

"Der Ölmarkt wächst durch das Übergewicht der Terminkontrakte immer stärker in die Welt der Finanzmärkte hinein", heißt es in der Studie. Gleichzeitig versorgten die Zentralbanken die Industrieländer mit zusätzlicher Liquidität bei niedrigen Zinsen - was die Spekulation weiter anheize. Ziehe die Nachfrage nach Öl im Zuge der wirtschaftlichen Erholung in den nächsten Monaten an, spreche dies "deutlich für steil steigende Ölpreise". Preise von 150 Dollar je Fass (rund 159 Liter) und mehr als zwei Euro je Liter Benzin seien schon bald wahrscheinlich. Am Mittwoch notierte Öl der Nordsee-Sorte Brent bei gut 85 Dollar je Barrel - und kostete damit fast doppelt so viel wie noch zu Anfang des Jahres.

Immer Ärger mit dem Kartell

Die Branche selbst sieht die Zusammenhänge ganz anders. Nicht Banken und Finanzinvestoren bestimmten die Preise, sondern das Kartell der erdölproduzierenden Staaten (Opec). "Die Erhöhung des Ölpreises lässt sich nur durch gezielte Produktionsverknappung der Opec erklären", sagte Christoph Rühl, Chefökonom des britischen Mineralölkonzerns BP, der Süddeutschen Zeitung. "Finanzinvestoren können existierende Entwicklungen verstärken, sie können sie aber nicht auslösen." Das erkläre letztlich auch den Anstieg der Terminpreise für Erdöl. In der Erwartung einer wirtschaftlichen Erholung setzten Investoren derzeit eher auf steigende als auf sinkende Ölpreise. "Und durch die starke Disziplin der Opec ist auch klar, dass der Preis tendenziell eher steigen wird." Vor allem Saudi-Arabien hatte in der Vergangenheit durch rasche Erhöhung oder Drosselung seiner Ölproduktion Einfluss genommen auf die verfügbare Menge am Markt.

Doch der Studie zufolge könnte die physische Menge in Zukunft noch weiter an Bedeutung verlieren. Preisschwankungen könnten durch das Engagement von Finanzakteuren zunehmen. "Die Preise entfernen sich vom physischen Ölmarkt und bewegen sich immer stärker nach den Gesetzen der Finanzmärkte", schreibt Autor Bukold. Öl würde zu einer Anlagealternative in schwierigen Zeiten - freilich mit dem Nachteil, dass es am Ende wieder physisch verfügbar sein muss, also zwischenzeitlich auch irgendwo gelagert werden muss, häufig auf Tankschiffen ohne Ziel.

Die Grünen fordern deshalb eine Reform der Finanzmärkte. "Bei Dingen des täglichen Bedarfs kann es nicht sein, dass sich Investmentbanken oder Hedgefonds auf Kosten der Allgemeinheit bereichern", sagt Bärbel Höhn, stellvertretende Fraktionschefin der Grünen. Vor allem arme Länder und sozial Schwache hätten darunter zu leiden. Deshalb bräuchten die Ölmärkte mehr Transparenz und weniger Möglichkeiten zur Spekulation. "Die Bundesregierung muss über die EU Druck aufbauen", fordert Höhn, "damit sich an den maßgeblichen Börsen in New York und London etwas verändert."

© SZ vom 08.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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