Banken:Ende der Kleinstaaterei

Deutschlands Finanzinstitute ächzen unter hohen Kosten. Nun wollen vier große Geldhäuser ihre Kräfte bündeln und so sparen. Es geht um den gemeinsamen Zugriff auf die Millionen Daten von Firmenkunden.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Der deutsche Bankenmarkt, so heißt es oft, sei zu zersplittert. Kaum eine Fachkonferenz vergeht, auf der nicht irgendwer zu mehr Fusionen in der Geldbranche aufruft - in erster Linie, um die annähernd zweitausend deutschen Geldhäuser stabiler und damit weniger anfällig für Krisen zu machen. Viel ist bislang nicht passiert. Sparkassen und Volksbanken mögen sich rege zusammenschließen: Die größeren Banken schrecken vor Fusionen und Übernahmen eher zurück.

Womöglich liegt die Zukunft ohnehin woanders, nämlich in Kooperationen, und in diesem Punkt sind Deutschlands Banken vielleicht weiter als bisher bekannt. Nach Informationen aus Finanzkreisen arbeiten vier der größten deutschen Geldhäuser bereits seit Monaten im Verborgenen an einem neuen Großprojekt. Gemeinsam wollen sie eine schlagkräftige Datenplattform auf die Beine stellen. Es geht um die ebenso sensible wie zunehmend kostspielige Erfassung von Kundendaten. In erster Linie um Geldwäsche zu verhindern, sind Banken verpflichtet, akribisch die Daten ihrer Kunden zu erfassen. "Know your Customer" (KYC) nennen das die Banker, das steht für: "Kenne deinen Kunden".

Hinter dem Projekt stecken dem Vernehmen nach nicht nur Commerzbank und Deutsche Bank, also die beiden größten Privatbanken, sondern mit der Landesbank Hessen Thüringen (Helaba) und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auch die beiden großen öffentlich-rechtlichen Geldhäuser. Normalerweise sind sich die Geldhäuser allenfalls in inniger Konkurrenz verbunden. Nun aber wollen sie ihre Kräfte erstmals bündeln; und sie setzen große Hoffnung in das Projekt. "Das ist eine spannende Sache. Die Branche merkt gerade, dass sie viel stärker kooperieren muss", hieß es bei einer der beteiligten Banken. "Alle haben die gleichen Probleme und wir schauen, ob wir eine gemeinsame Lösung finden", hieß es bei einem anderen Geldhaus.

Die Institute bereiten eine Sammelstelle für die Daten von Firmenkunden vor

Dabei gehe es zwar nicht darum, den kompletten "KYC-Prozess" auszulagern. Vielmehr soll eine gemeinsame Sammelstelle für die Abermillionen Daten deutscher Firmenkunden entstehen. Diese Daten einzusammeln, ist in den vergangenen Jahren immer aufwendiger und teurer geworden, vor allem bei verzweigten Firmengeflechten. Die Anforderungen der Aufseher sind gestiegen. "Die Firmen müssten ihre Daten künftig dann nur noch einmal melden und nicht wie bisher jeweils wieder neu, wenn sie mit einer anderen Bank Geschäfte machen. Das spart sowohl Kunden als auch den Banken Geld", hieß es. In einem weiteren Schritt könnten sich auch andere Geldhäuser daran beteiligen.

Experten gehen ohnehin davon aus, dass für die deutschen Banken in Zukunft kein Weg an solchen Kooperationen vorbeigeht. Vor allem, wenn die Niedrigzinsen anhalten, was den Banken das Geldverdienen erschwert, was wiederum den Kostendruck erhöht. "Mit vielen Funktionen und Prozessen, die Banken und Unternehmen heute noch teuer vorhalten, können sie sich gegenüber der Konkurrenz nicht wirklich unterscheiden, sie bieten den Kunden keinen Mehrwert", sagt Finja Carolin Kütz, Deutschlandchefin der Beratungsfirma Oliver Wyman. In vielen Bereichen seien gemeinsame Plattformen daher sinnvoll. "Entsprechende Überlegungen und Initiativen gibt es daher immer häufiger."

Andererseits: Deutschlands Geldhäuser haben auch schon schlechte Erfahrungen mit Gemeinschaftsprojekten gesammelt. Seit mehr als zwei Jahren ringen sie darum, ein eigenes Online-Bezahlsystem zum Erfolg zu führen, um dem US-Giganten Paypal etwas entgegenzusetzen. Bislang läuft Paydirekt, so heißt das neue Bezahlsystem, jedoch eher schleppend, auch weil die vielen beteiligten Kreditinstitute nicht wirklich an einem Strang ziehen.

Ob sich das nun geplante Daten-Vorhaben umsetzen lässt, ist offen, wobei die Chancen besser stehen dürften als bei Paydirekt, das sich direkt an den Endverbraucher richtet. Beschlossen sei jedenfalls noch nichts. Und äußern will sich offiziell auch keiner der Beteiligten. Man wählt aber bereits einen Dienstleister aus. Wie zu hören ist, hat die Bertelsmann-Tochter Arvato gute Chancen, den Auftrag zu bekommen. Die Entscheidung könnte im ersten Halbjahr fallen.

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