Bahn:Börsengänge abgeblasen

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Der neue ICE 4 fährt am Berliner Hauptbahnhof ein. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Die Bahn-Töchter Arriva und Schenker sollen nun doch nicht teilprivatisiert werden. Zusätzliches Geld vom Bund macht den Schritt überflüssig

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die Zusage einer zusätzlichen Finanzspritze des Bundes für die Deutsche Bahn (DB) wird den geplanten Börsengang der Töchter Arriva und Schenker voraussichtlich überflüssig machen. "Damit ist der Börsengang endgültig vom Tisch", sagte ein Mitglied des Aufsichtsrats des Staatskonzerns der Süddeutschen Zeitung. Vorsichtiger äußerte sich Bahn-Chef Rüdiger Grube. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Dass es jetzt mehr Geld vom Bund gebe, sei aber eine "gute Entwicklung".

Nach den Plänen des Bundesverkehrsministeriums soll die Bahn vom Bund in den nächsten vier Jahren zusätzlich 2,4 Milliarden Euro erhalten. 1,4 Milliarden sind für Investitionen vorgesehen, eine weitere Milliarde spätestens im nächsten Jahr, um das Eigenkapital des Staatskonzerns zu stärken. Damit bekommt die Bahn nun neue finanzielle Spielräume. Die Teilprivatisierung der Logistiktochter Schenker und der Tochter Arriva, in der der Personenverkehr im Ausland gebündelt ist, ist dadurch nicht mehr notwendig. Dieser Teilverkauf über die Londoner Börse sollte bis zu 4,5 Milliarden Euro bringen.

Die Einnahmen durch die Aktienverkäufe waren für Investitionen und zur Schuldentilgung gedacht. Derzeit belaufen sich die Verbindlichkeiten der Bahn auf knapp 18 Milliarden Euro. Passiert nichts, steigen sie weiter auf mehr als 22 Milliarden.

Der Teil-Börsengang von Schenker und Arriva - die Mehrheit an den Töchtern sollte immer bei der Bahn bleiben - steht schon länger auf der Kippe. Dies liegt vor allem am Brexit, den geplanten Ausstieg der Briten aus der EU. "In der letzten Aufsichtsratssitzung hat sich gezeigt, dass wegen des Brexits die Teil-Privatisierung überhaupt keinen Sinn mehr ergibt", sagte das Aufsichtsratsmitglied. Es gebe nun zu viele Unsicherheiten, wie sich das Geschäft in Großbritannien entwickele.

Außerdem gab es in der Koalition von Anfang an Vorbehalte gegen den Plan der Bahn, einen Teil ihres Tafelsilbers zu verscherbeln. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol fühlt sich nun bestätigt: Wegen der Finanzspritze des Bundes "sollte der Börsengang von Arriva und Schenker zu den Akten gelegt werden", sagt er. "Die Eisenbahn in Deutschland darf nicht zum Spielball ausländischer Investoren werden." Aber auch in der Union gab es Bedenken.

Führende Verkehrs- und Haushaltspolitiker beider Fraktionen legten deshalb bereits Anfang Juni vorsorglich ein Veto ein. In einem Brief an Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) machten sie klar, dass ein Teilverkauf von Arriva und Schenker nur gehe, wenn dabei der "Willen der Haushalts- und Verkehrspolitiker der Koalitionsfraktionen" berücksichtigt werde. Der Bund ist Alleineigentümer der Bahn.

Die Haushaltspolitiker wollen nun auch bei der neuen Geldspritze ein Wort mitreden. "Dass das Eigenkapital der Bahn mit einer Milliarde Euro aus Steuermitteln gestärkt wird, wird wohl nicht strittig sein." Es bestehe aber sicherlich noch großen Gesprächsbedarf bei der Frage, "wie jetzt die 1,4 Milliarden Euro zur Absicherung der Investitionen der DB im Haushalt verankert werden, so dass die Steuerungs- und Kontrollrechte des Parlamentes gewahrt bleiben", sagt die SPD-Haushälterin Bettina Hagedorn.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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