Arcandor in Not:Neues Krisentreffen

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Treffen in letzter Minute, um doch noch an einen Notkredit zu kommen: Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor kämpft gegen die drohende Zahlungsunfähigkeit - Ex-Chef Middelhoff gegen schwere Vorwürfe.

Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor will bei einem Krisentreffen in letzter Minute seine Zahlungsunfähigkeit abwenden. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Gerhard Eick werde sich am Sonntag mit Metro-Chef Eckhard Cordes und dem Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs, Alexander Dibelius, treffen, sagte Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski am Samstag.

Der angeschlagene Handelskonzern Arcandor will bei einem Krisentreffen in letzter Minute seine Zahlungsunfähigkeit abwenden. (Foto: Foto: ddp)

Goldman Sachs ist Haupteigentümer der Immobiliengesellschaft Highstreet, der die meisten Karstadt-Warenhäuser gehören. Karstadt zahlt Medienberichten zufolge seit Freitag keine Miete mehr.

Bei dem Treffen solle nach Wegen gesucht werden, die Chancen für die Genehmigung des beantragten Notkredits von 473 Millionen Euro zu verbessern, sagte der Sprecher weiter. Wenn die Bundesregierung die Hilfe am Montag ablehne, müsse Arcandor noch am gleichen Tag Insolvenz anmelden. "Dann bleibt uns keine andere Wahl." Ohne staatliche Hilfszusage werde Arcandor am kommenden Freitag zahlungsunfähig. Dann läuft ein 650-Millionen-Euro-Kredit aus.

An dem Krisengespräch wird nach Angaben des Sprechers auch der Arcandor-Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Carl Janssen teilnehmen. Janssen vertritt den Arcandor-Großaktionär Sal. Oppenheim. Die Bundesregierung verlangt als Voraussetzung für staatliche Hilfe einen größeren Sanierungsbeitrag der Eigentümer. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung: "Wir können nicht zulassen, dass der Steuerzahler dafür einspringen muss, dass andere eine Misswirtschaft betrieben haben und heute nicht für den Schaden eintreten wollen."

Der Arcandor-Sprecher sagte dazu, der Konzern habe in Berlin ein Konzept vorgelegt, das erhebliche Beiträge von Mitarbeitern, Eigentümern und Partnern zur Sanierung des Konzerns beinhalte.

Zusammen beliefen sich diese Zugeständnisse auf fast 700 Millionen Euro. Laut Medienberichten will die Privatbank Sal. Oppenheim eine geplante Kapitalerhöhung von 100 auf 150 Millionen Euro aufstocken.

Der Spiegel schreibt, Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, die in den vergangenen Jahren bereits massiv Vermögen verloren hatte, soll bereit sein, allenfalls noch einmal 40 Millionen Euro nachzuschießen.

Metro-Chef Cordes hält einen Zusammenschluss von Kaufhof und Karstadt zu einer Deutschen Warenhaus AG innerhalb von zwei Monaten für möglich. "Wir haben der Politik und Karstadt einen zügigen Vier-Stufen-Plan zur Rettung angeboten", sagte er der Bild am Sonntag. Cordes will Berichten zufolge 60 der 91 Karstadt-Filialen mit der Kaufhof-Kette von Metro verschmelzen.

Vorwürfe gegen Thomas Middelhoff

Unterdessen hat sich der frühere Arcandor-Chef Thomas Middelhoff für eine juristische Aufklärung der Vorwürfe ausgesprochen, er habe sich an Immobiliengeschäften mit Karstadt indirekt bereichert. Er begrüße eine entsprechende Initiative von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), sagte Middelhoff der Welt am Sonntag.

Der gesamte Sachverhalt sei von den zuständigen Gremien des Unternehmens, Wirtschaftsprüfern und Anwälten zwar bereits intensiv geprüft und abschließend bearbeitet worden. Eine juristische Untersuchung aber werde "den jetzt aus der Anonymität heraus vorgetragenen Angriffen den Boden entziehen", fügte Middelhoff hinzu. Er versicherte, er werde die Arbeit der zuständigen Stellen "vollumfänglich" unterstützen.

Zypries (SPD) hatte laut Spiegel gefordert, Hinweise zu prüfen, wonach Middelhoff und seine Ehefrau an einem Immobilienfonds beteiligt sein sollen, der Gebäude zu außergewöhnlich hohen Mieten an die Arcandor-Tochter Karstadt vermietet haben soll. Die Justiz solle klären, ob es ein "strafbares Verhalten von Herrn Middelhoff - etwa wegen Untreue" gegeben habe, zitierte das Nachrichtenmagazin aus einem Brief von Zypries an ihre nordrhein-westfälische Kollegin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU).

Nach Informationen der Welt am Sonntag lässt auch Arcandor-Chef und Middelhoff-Nachfolger Karl-Gerhard Eick den gesamten Vorgang abermals durch eine externe Kanzlei überprüfen. Anschließend soll über mögliche rechtliche Schritte gegen Middelhoff oder andere Beteiligte entschieden werden.

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