Allianz:Der große Vereinfacher

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Allianz-Chef Oliver Bäte verordnet dem Unternehmen eine radikale Vereinfachungskur: weniger Tarife, weniger Fragen, schnellere Antworten.

Von Herbert Fromme, München

Wer früher bei der Allianz Deutschland eine Autoversicherung abschließen wollte, musste 25 Fragen beantworten. Seit 2017 sind es nur noch elf. "Nach 90 Sekunden oder schneller erhalten die Kunden eine Preisauskunft", begeistert sich Konzernchef Oliver Bäte. Die Folge: 2017 ist die Allianz in der Autoversicherung dreimal so schnell gewachsen wie im Vorjahr.

Bäte nutzt die Hauptversammlung in der Münchener Olympiahalle, um einen radikalen, weltweiten Wandel in der Sachversicherung anzukündigen. Dabei geht es um Gebäude, Autos, Hausrat, Unfall- und Haftpflichtrisiken. "Wir müssen einfacher werden", fordert er. "Komplexität ist sehr unbeliebt bei Kunden, teuer für das Unternehmen und demotivierend für Mitarbeiter und Vertriebspartner."

Schließlich will der Kunde heute alles über sein Smartphone abwickeln, nicht über Formulare.

Beispiel Italien: Früher standen 15 Fragen zwischen dem potenziellen Kunden und dem Abschluss einer Kfz-Police. Heute reichen das Geburtsdatum und ein Foto des Kennzeichens. Das gehe nicht zu Lasten der Gewinne, sagt Bäte. "Wir sind dort nicht nur der schnellste, sondern auch der profitabelste Sachversicherer."

In der Vermögensverwaltung habe die Gruppe ihre Probleme gelöst, auch in der Lebensversicherung sei man viel weiter. Jetzt kommt die Sachversicherung dran. "Unsere Kostenquote ist seit 2015 weiter gestiegen", moniert Bäte. Über alle Töchter und Länder waren es 2017 immerhin 28,7 Prozent der Prämieneinnahmen, die für Vertrieb und Verwaltung draufgingen. Das will Bäte drastisch senken. Das heißt natürlich auch Personalabbau, aber das sagt er nur indirekt: Das ganze werde "nicht geräuschlos vonstattengehen".

"Wir werden das Direktgeschäft mit den Endkunden bündeln."

Gelingt Bäte der Durchbruch, wird das den gesamten Versicherungsmarkt massiv verändern, nicht nur in Deutschland. Die Branche ist ohnehin unter Druck durch die niedrigen Zinsen, Versicherer werden von Start-ups angegriffen. Außerdem bereitet sich Amazon auf den Markteintritt vor. Bisher gibt es wenig Konkretes. Doch machen sich die etablierten Anbieter zu Recht Sorgen, dass Amazon oder ein anderer Internet-Gigant seine Daten über die Kunden auch für Versicherungsangebote nutzt.

Es gehe nicht in erster Linie um Technologie, sagt Bäte, sondern um die radikale Vereinfachung von Tarifen und internen Prozessen. Damit die Allianz das nicht bei allen Töchtern neu erfinden muss, hat er das Vorstandsressort "Transformation" eingerichtet, das Iván de la Sota führt.

Zur Strategie gehört, dass die Allianz alle Direktversicherer bündeln und einheitliche Angebote einführen will - weltweit. In Deutschland ist davon die Tochter Allsecur betroffen. "Wir werden das Direktgeschäft mit den Endkunden bündeln", erklärt Bäte. "Wir bauen erst in Europa und dann weltweit ein einheitliches Angebot."

Bätes Vereinfachungsoffensive ist die zentrale Nachricht auf der Hauptversammlung. Bei sonst kritischen Punkten bleibt es ruhig. Umweltschützerin Regine Richter von Urgewald gratulierte der Allianz zum gerade angekündigten Ausstieg aus der Versicherung von Kohle und kritisiert nur die langen Übergangsfristen. Allianz-Aufsichtsratschef Michael Diekmann lobt Rednerinnen, die für mehr Frauen in der Führung eintreten. Er sei für einen Frauenanteil von 50 Prozent in den Aufsichtsräten.

Kontrovers wird die Erhöhung der Aufsichtsratsvergütungen um 25 Prozent diskutiert. Diekmann begründet dies damit, dass die Bezüge seit sieben Jahren nicht angehoben worden seien und seither bei anderen Dax-Konzernen um 26 Prozent gestiegen seien. Not leiden müssen die Aufsichtsräte auch bisher nicht: Sie erhalten zwischen 100 000 und 366 000 Euro im Jahr für ihre nebenberufliche Tätigkeit.

© SZ vom 11.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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