Air Berlin:So haben sich die Piloten bei ihren Krankmeldungen abgestimmt

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  • Die Piloten sollen sich über eine "vor kurzem" gegründete Chat-Gruppe eines Messenger-Dienstes verständigt haben.
  • Hinweise über die Motive der Piloten liefert ein offener Brief, den der Flugkapitän Hans Albrecht an die Geschäftsführung schrieb.

Von Detlef Esslinger, München

Die Krankmeldungen der Air-Berlin-Piloten sind aus deren Kreisen sorgfältig organisiert worden. "Es wurde definitiv koordiniert", sagte ein Pilot der Süddeutschen Zeitung. Demnach führen Piloten der insolventen Airline schon seit längerem eine sogenannte "Sick-out-Datei".

In diese wurde bereits am Montag jeder Krankgemeldete eingetragen, um einen Überblick über die Teilnahme an der Aktion zu bekommen. Die Verabredung dazu sei über eine "vor kurzem" gegründete Chat-Gruppe eines Messenger-Dienstes erfolgt.

"Zu ihr haben nur Air-Berlin-Piloten Zugang und die Kommunikation dort ist absolut geschützt", hieß es aus Pilotenkreisen. Wer die Datei führt und wer Administrator der Chat-Gruppe ist, war nicht zu erfahren.

"Schüren von Existenzängsten"

Hinweise über die Motive der Piloten liefert ein offener Brief, den der Flugkapitän Hans Albrecht an die Geschäftsführung schrieb. Die Verkaufsverhandlungen mit möglichen Interessenten folgten "einem Plan", heißt es in dem Schreiben: Die Belegschaft, so der Vorwurf, werde im Unklaren gelassen, "um die Verunsicherung durch das Schüren von Existenzängsten auf ein Maximum zu treiben".

Ziel sei es, "sich vertraglicher ,Altlasten' zu entledigen, um auf diese Weise die Bedingungen des gesamten tarifierten Cockpitpersonals in Deutschland in der Nach-Air-Berlin-Ära erheblich unter Druck zu bringen ". Der psychische Druck, speziell auf die Piloten, sei immens, schreibt der Pilot weiter. "Wie kann unter solchen Umständen ein sicherer Flugbetrieb gewährleistet werden?"

Die Piloten trauen der Geschäftsführung derzeit so ziemlich alles zu. Das geht auch aus vertraulichen Mails von Piloten an die SZ hervor. Einer argumentiert etwa, zahlreiche in Bereitschaft stehende Piloten seien am Montag nicht aktiviert worden, ebenso wenig Piloten aus dem Management, oder solche, die frei hatten. "Wem nutzt das?", fragt einer, der an eine geheime Planung zugunsten des großen Konkurrenten Lufthansa glaubt. "Bohren Sie mal nach!"

Air Berlin wies derweil alle Verdächtigungen zurück. Die Krankmeldungen seien am Montag äußerst kurzfristig gekommen, sagte ein Sprecher, zum Beispiel während der Crew Briefings (der Vorbereitungssitzung vor dem ersten Start) und während Piloten auf dem Weg zum Flugzeug waren. Da habe man nicht mehr reagieren können.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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