Air Berlin:Geschäftsmodell in Gefahr

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Wenn Air Berlin Flugzeuge stilllegen muss, werden viele Kunden das Nachsehen haben. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Die Fluggesellschaft Air Berlin muss fürchten, die Strecken mit dem arabischen Partner Etihad zu verlieren. Sollte das Verkehrsministerium dies verbieten, gerät die Airline womöglich in Existenznöte.

Von Jens Flottau, Berlin

Falls Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geglaubt haben sollte, er könne einmal einen geruhsamen Abend bei der Jahresversammlung der deutschen Luftfahrt verbringen, so hätte er sich getäuscht. Kaum hatte er sein Grußwort in einem alten Fabrikgebäude im Berliner Westhafen beendet, belagerten ihn die Chefs der beiden großen deutschen Fluggesellschaften und der Flughäfen. Wie geht es weiter mit den Gemeinschaftsflügen von Air Berlin und Etihad Airways? Dobrindt hatte noch keine Antwort. Nach monatelangen Verzögerungen und wenige Tage vor Inkrafttreten des Winterflugplanes Ende Oktober haben am Donnerstag aber die Verhandlungen zwischen Bund und Vereinigten Arabischen Emiraten darüber begonnen, wie der seit gut einem Jahr schwelende Konflikt gelöst werden kann.

Würde das Code-Sharing verboten, wäre die wichtigste Grundlage der für Air Berlin lebensnotwendigen Partnerschaft mit Etihad in Frage gestellt. Genau das droht nach SZ-Informationen, falls es nicht eine überraschende Wende gibt. Dass alle bisherigen Flüge weiter genehmigt werden, gilt als unwahrscheinlich. Selbst wenn das Ministerium diese billigte, dürfte es anderweitig Entgegenkommen erwarten.

Der Konflikt ist für Außenstehende kaum nachzuvollziehen. Im Kern geht es um die Auslegung eines Zusatzprotokolls zum Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Emiraten. Demnach dürfen Fluggesellschaften aus den Emiraten zusätzlich zu den drei (später vier) Zielen in Deutschland, die sie selbst anfliegen können, drei weitere im Code-Sharing bedienen dürfen. Dabei bedient eine Airline eine Strecke und verwendet auch die Flugnummern von Partnern. Die Formulierung im Abkommen ist nicht eindeutig: Lufthansa und Condor argumentieren, dass damit nur innerdeutsche Verbindungen gemeint waren. Als das Zusatzprotokoll beschlossen wurde, gab es Etihad noch gar nicht und Emirates wollte Code-Sharing-Verbindungen mit der damaligen Deutschen BA einführen. Etihad und Air Berlin bestehen trotzdem darauf, dass auch internationale Flüge abgedeckt sind.

Das Verkehrsministerium hatte rund 30 Code-Sharing-Verbindungen genehmigt, seine Position nach Protesten vor allem von Lufthansa aber revidiert. Mittlerweile gibt es mindestens drei Rechtsgutachten, die Air Berlin, Lufthansa und das Verkehrsministerium haben erstellen lassen. Zwei kommen zu dem Ergebnis, dass die Flüge nicht genehmigt werden dürften. Vor einem Jahr hatte das Ministerium den Emiraten mitgeteilt, dass die Flüge nur noch für ein weiteres Jahr genehmigt würden. Air Berlin und Etihad haben trotzdem bereits Tausende Tickets für den Winter auf den Gemeinschaftsflügen verkauft. Würden diese verboten, wäre das Chaos perfekt. Bei Air Berlin steht nach eigenen Angaben ein Umsatz 140 Millionen Euro pro Jahr auf dem Spiel, im Verkehrsministerium hält man dies aber dem Vernehmen nach für viel zu hoch gegriffen. Unbestritten ist, dass Etihad bei Air Berlin 2012 vor allem deshalb mit 29,2 Prozent eingestiegen ist und seither etwa eine Milliarde Euro in das Unternehmen gesteckt hat, weil die Airline Zubringer in Europa für eigene Langstrecken aufbauen wollte.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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