Air Berlin:Etihad springt wieder ein

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Hohe Verluste: Air Berlin häufte in den vergangenen Jahren einen großen Schuldenberg an. (Foto: Getty Images)

Der Großaktionär zahlt 300 Millionen Euro für eine Beteiligung an der Tochtergesellschaft Niki - das erleichtert die Sanierung.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Etihad Aviation Group sichert Air Berlin mit einer weiteren Kapitalspritze wieder einmal das Überleben - zumindest für eine Zeit. Der Großaktionär aus dem Emirat Abu Dhabi kauft der finanziell angeschlagenen Air Berlin deren österreichische Tochter Niki ab und zahlt dafür nach eigenen Angaben 300 Millionen Euro. Sollten die Wettbewerbsbehörden zustimmen, steht nun auch der Gründung eines neuen Airline-Verbundes aus Niki und Tuifly nichts im Weg.

Etihad hatte beschlossen, die stark defizitäre Air Berlin in drei Teile aufzuspalten, ein Prozess, der aber mehrere Monate in Anspruch nimmt. Dass sie nun vorher noch einmal Geld nachschießt, macht das Ausmaß der wirtschaftlichen Schwierigkeiten deutlich. Etihad zahlt für Niki ein Vielfaches des eigentlichen Wertes: Air Berlin insgesamt hatte angesichts ihrer prekären Lage am Montag eine Marktkapitalisierung von nur noch 68 Millionen Euro. Die 300 Millionen entsprechen also mehr als dem Vierfachen des Konzernwertes, obwohl Niki mit einer Flotte von 20 Flugzeugen nur einen Bruchteil der Gruppe ausmacht.

Etihad war in der Vergangenheit ähnlich vorgegangen. So hatte sie Air Berlin 2012 einen Mehrheitsanteil am Vielfliegerprogramm Topbonus für 184 Millionen Euro abgekauft und eine Anleihe der deutschen Tochtergesellschaft in Höhe von 300 Millionen Euro mit unbegrenzter Laufzeit gezeichnet. In der ein oder anderen Form hat Etihad weit mehr als eine Milliarde Euro in Air Berlin investiert, ohne dass dies die Dauerkrise des Unternehmens beendet hätte. Etihad hält einen Anteil von 29,2 Prozent an Air Berlin.

Mit der zusätzlichen Kapitalspritze ist nun auch der Weg frei für die Gründung der neuen Ferienfluggesellschaft aus Tuifly und Niki. Etihad will nämlich den Anteil an Niki nicht behalten, sondern bringt ihn direkt in das neue Gemeinschaftsunternehmen ein. Die Ferien-Airline, Projektname Blue Sky, wird eine Flotte von rund 60 Maschinen haben. Etihad beteiligt sich an dem Unternehmen mit 25 Prozent, der Reisekonzern Tui wird 24,8 Prozent halten. 50,2 Prozent kontrolliert die Niki Privatstiftung, die bisher formal auch die Mehrheit an Niki gehalten hat, um die österreichischen Verkehrsrechte nicht zu gefährden. Präsident der Stiftung ist derzeit noch Air Berlin-Chef Stefan Pichler, der aber den Niki-Posten mit Abschluss der Transaktion abgeben wird.

Tui bringt in den neuen Verbund auch die 14 Flugzeuge ein, die Tuifly bislang mitsamt Besatzungen an Air Berlin vermietet hatte. Dieses Arrangement hatte zuletzt ebenfalls zur wirtschaftlichen Schieflage von Air Berlin beigetragen, weil die Bedingungen für die Airline äußerst ungünstig waren. Die neue Ferienfluggesellschaft soll ihren Betrieb im April 2017 aufnehmen und von zahlreichen deutschen, österreichischen und Schweizer Flughäfen Ziele auf den balearischen und kanarischen Inseln, auf dem spanischen Festland sowie in Griechenland ansteuern. Offizieller Firmensitz soll Wien sein.

Für Air Berlin bedeutet die Transaktion eine kurzfristige Entlastung, jedoch nicht das langfristige Überleben. Als zweiten Schritt will die Airline daher 40 Maschinen an Lufthansa vermieten, die diese wiederum bei den Tochtergesellschaften Eurowings und Austrian einsetzen will. Air Berlin und Lufthansa haben beide das Ziel, die Verhandlungen noch im Dezember abzuschließen, allerdings lagen sie mit ihren Positionen dem Vernehmen nach zuletzt noch weit auseinander. Beide haben aber auch ein strategisches Interesse an dem Geschäft: Lufthansa will den Entfaltungsspielraum von Billigfluggesellschaften wie Ryanair und Easyjet in Deutschland einschränken, Air Berlin will Überkapazitäten abbauen und braucht dringend eine verlässliche Einnahmequelle.

Air Berlin selbst will am Ende noch eine Flotte von etwa 75 Flugzeugen betreiben. Das Unternehmen entwickele sich "Schritt für Schritt zu einem Netzwerk-Carrier mit Fokus auf innerdeutschem und europäischem Verkehr mit Anschluss an unsere Drehkreuze für die Langstrecke in Berlin und Düsseldorf", sagt Airline-Chef Pichler. Allerdings scheint nun der wichtigste Allianzpartner für Langstrecken auf dem Nordatlantik abzuspringen: American Airlines hat dem Vernehmen nach die Zusammenarbeit zum kommenden Sommerflugplan aufgekündigt.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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